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Die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen eine Vergabevorschrift setzt einerseits die Erkennbarkeit der maßgeblichen Tatsachen, andererseits die Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes voraus (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG München, Beschl. v. 22. Oktober 2015, Verg 5/15; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 20. Aufl. 2020, GWB § 160 Rn. 48). Dabei muss der Verstoß so deutlich zutage treten, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots beziehungsweise seiner Bewerbung auffallen muss; übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen dürfen diesbezüglich nicht an einen Bieter gestellt werden (OLG München, Beschl. v. 24. März 2021, Verg 12/20; vgl. auch OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27. Oktober 2022, 54 Verg 7/22; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19. September 2018, Verg 37/17).

Maßstab ist ein durchschnittlich fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet. Ob für die Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes ein objektiver, auf den durchschnittlichen verständigen Bewerber oder ein subjektiver, auf die individuellen Verhältnisse des Bieters abstellender Maßstab anzuwenden ist, wurde und wird kontrovers diskutiert (für einen objektiven Maßstab: OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27. Oktober 2022, 54 Verg 7/22; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7. September 2022, 15 Verg 8/22, NZBau 2022, 615; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Rostock, Beschl. v. 21. Januar 2019, 17 Verg 8/18; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19. September 2018, Verg 37/17, NZBau 2019, 390; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 160 Rn. 51; Summa in jurisPK-Vergaberecht, Stand 31. Mai 2023, § 160 Rn. 305; Wiese in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 160 Rn. 126; für einen Vergabeverstoß bezüglich der Zuschlagskriterien auch EuGH, Beschl. v. 12. März 2015, C-538/13, NZBau 2015, 306 Rn. 52 ff.; für einen subjektiven Maßstab: Horn/Hoffmann in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Band 1, GWB § 160 Rn. 53 mit Zitaten aus der älteren Rechtsprechung; offengelassen: OLG München, Beschl. v. 24. März 2021, Verg 12/20; Beschl. v. 2. Juni 2016, Verg 15/15; OLG Celle, Beschl. v. 8. September 2011, 13 Verg 4/11).

Richtig ist die erste, inzwischen herrschende Meinung. Für diese spricht insbesondere die Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Auslegung der Vergabeunterlagen. Insoweit kommt es nicht auf das Verständnis des individuellen, konkreten Bewerbers an, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont eines potenziellen Bieters (BGH, Beschl. v. 7. Januar 2014, X ZB 15/13, NZBau 2014, 185 Rn. 31; BGH, Beschl. v. 3. April 2012, X ZR 130/10 Rn. 10; BayObLG, Beschl. v. 26. Mai 2023, Verg 2/23); maßgeblich ist, wie ein verständiger, sachkundiger und mit derartigen Beschaffungsvorgängen vertrauter Bieter die Vergabeunterlagen verstehen muss (BayObLG, Beschl. v. 3. Juni 2022, Verg 7/22; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 5. November 2019, 11 Verg 4/19). Es liegt nahe, nach denselben Grundsätzen auch die Erkennbarkeit von Vergabeverstößen aus den Vergabeunterlagen zu bewerten. Der objektive Maßstab steht ferner im Einklang mit dem Wortlaut des § 160 Abs. 3 GWB. Während der Rügetatbestand in Ziffer 1 explizit auf den Erkenntnisstand des konkreten Bieters abstellt, wird die individuelle Ausprägung in den Ziffern 2 und 3 nicht wiederholt, also keine Erkennbarkeit „für den Antragsteller“, sondern nur die (generelle) Erkennbarkeit anhand der Bekanntmachung beziehungsweise der Vergabeunterlagen gefordert (so auch Dicks, a. a. O. Rn. 50).

 


BayObLG zu der Frage der Zulässigkeit von besonders hohen Anforderungen an die Eignung

 

vorgestellt von Thomas Ax

Im Rahmen des § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB können besonders hohe Anforderungen unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten und diese nicht mehr durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Auswahl der Eignungskriterien ein Beurteilungsspielraum zu, der seine Grenzen in § 122 Abs. 4 GWB findet (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18). Es dürfen nur Eignungskriterien aufgestellt werden, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu ihm in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Eignungskriterien müssen geeignet und erforderlich sein, um die Leistungsfähigkeit in Bezug auf den ausgeschriebenen Auftragsgegenstand nachzuweisen. Dabei sind unter anderem die Komplexität des Auftrags und das Gewicht, das die ordnungsgemäße Auftragserfüllung für den Auftraggeber hat, in den Blick zu nehmen. Je komplexer der Auftragsgegenstand, desto höhere Eignungsanforderungen können gestellt werden (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21; Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18). In die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen sind aber auch die Auswirkungen auf den Wettbewerb. Der Auftraggeber hat abzuwägen zwischen einer möglichst großen Auswahl an Angeboten und der Gefahr nicht ordnungsgemäßer Ausführung. Besonders hohe Anforderungen können unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten, weil nur ein oder wenige Unternehmen sie erfüllen. In einem solchen Fall ist es nötig, dass die Anforderungen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sind. Je einschneidender der Wettbewerb beschränkt wird, desto höher sind die Anforderungen an die gewichtigen Gründe (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18).

BayObLG, Beschluss vom 06.09.2023 – Verg 5/22
vorhergehend:
VK Südbayern, 30.03.2022 – 3194.Z3-3_01-21-60


Gründe:

I.

Im Rahmen der Sanierung des D. Museums beabsichtigt die Antragsgegnerin die Vergabe von Projektsteuerungsleistungen für den Realisierungsabschnitt 2 im offenen Verfahren. Beauftragt werden soll ausweislich der europaweiten Bekanntmachung vom 24. August 2021 die Projektsteuerung mit Schnittstellenmanagement für das Gesamtprojekt sowie für das Teilprojekt Bau und das Teilprojekt Ausstellungen, das die Neugestaltung von fünf Einzelausstellungen umfasst. Die Bekanntmachung führte unter Ziffer II 1.6) aus:

„Aufteilung des Auftrags in Lose: nein“.

Unter Ziffer III. 1.3) „Technische und berufliche Leistungsfähigkeit“ forderte die Antragsgegnerin als „Mindeststandards“ mindestens zwei Referenzen über Projektsteuerungsleistungen bei Bauvorhaben mit Baukosten jeweils über mindestens 100 Millionen Euro und einer Leistungszeit von mindestens fünf Jahren. Eines dieser zwei Referenzprojekte musste ein Sanierungsprojekt sein. Zusätzlich war mindestens eine Referenz zu benennen, die die Projektsteuerung der Planung und Ausführung der Neugestaltung von wenigstens drei Einzelausstellungen (Dauerausstellungen) im Rahmen der Sanierung / eines Umbaus eines Gebäudes einschließlich der Betreuung von Schnittstellen zum Bauprojekt und dem Aus- und Einzug der Ausstellungsprojekte zum Gegenstand hatte. Die Projektstufe 4 musste bei den Referenzprojekten innerhalb der letzten zehn Jahre abgeschlossen worden sein. Als weiterer Mindeststandard wurde die Beschäftigung von mindestens 80 Mitarbeitern, davon mindestens 50 Architekten und Bauingenieuren, gefordert.

Schlusstermin für die Angebotsabgabe war der 30. September 2021.

Mit Schreiben vom 7. September 2021 rügte der Antragsteller, die Forderung einer Referenz über die Projektsteuerung der Neugestaltung von Ausstellungen verstoße gegen § 75 Abs. 4 VgV, da unzulässig eine Realisierung von Objekten gleicher Nutzungsart gefordert werde. Auch die weiteren Anforderungen, drei Dauerstellungen mit Schnittstellenbetreuung sowie Umzugsmanagement seien überzogen. Eine sachliche Rechtfertigung dafür sei nicht ersichtlich. Da die Anforderungen exakt dem Beauftragungsumfang des bisher – im Realisierungsabschnitt 1 – tätigen Projektsteuerers entsprächen, dränge sich der Verdacht auf, dass eine Beschränkung des Teilnehmerkreises beabsichtigt sei.

Die Antragsgegnerin erklärte im Schreiben vom 16. September 2021, der Rüge (nur) teilweise abzuhelfen, und veröffentlichte am 21. September 2021 eine berichtigte Bekanntmachung. Danach musste eines der als Mindeststandard geforderten Referenzprojekte die Projektsteuerung der Planung und Ausführung der Neugestaltung von wenigstens drei Einzelausstellungen (Dauerausstellungen) im Rahmen des Neubaus, der Sanierung oder eines Umbaus eines Gebäudes einschließlich der Betreuung der Schnittstelle zum Bauprojekt zum Gegenstand haben. Auf die Betreuung der Schnittstelle zum Aus- und Einzug der Ausstellungsobjekte wurde verzichtet.

Mit Schreiben vom 30. September 2021 hat der Antragsteller ohne vorherige Einreichung eines Angebots die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens beantragt. Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Da der Antragsteller keine Referenz für die Projektsteuerung von Ausstellungen im Museumsbereich habe, sei er an der Teilnahme am Verfahren gehindert. Die Referenzanforderung verstoße gegen § 122 Abs. 4 GWB. Es fehle am Auftragsbezug, da es für die Leistung der Projektsteuerung nicht auf die konkrete Nutzung des Gebäudes ankomme. Außerdem seien die Anforderungen unverhältnismäßig. Die Anforderungen könnten praktisch nur vom Projektsteuerer des Realisierungsabschnitts 1 erfüllt werden, so dass ein Wettbewerb praktisch ausgeschlossen sei. Die Projektsteuerung für das fragliche Projekt unterscheide sich nicht wesentlich von der Projektsteuerung für komplexe Bauvorhaben, interdisziplinäre OP- und Diagnostikraumvorhaben oder Tierhäusern für Forschungszwecke, wie sie der Antragsteller bereits erbracht habe. Die Dokumentation leide an erheblichen Mängeln. Ferner hat der Antragsteller im Schriftsatz vom 11. November 2021 vorgetragen, die Antragsgegnerin hätte über eine Trennung der Leistungen für die Steuerung der Ausstellung einerseits und des Teilprojekts Bau andererseits zumindest nachdenken müssen, um nicht durch die Verknüpfung der Leistungen den Bietermarkt unnötig einzuschränken.

Der Antragsteller hat beantragt:

1. Das Vergabeverfahren wird aufgehoben.

2. Die Antragsgegnerin wird bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht und bei Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens zur Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer verpflichtet.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin hält die Referenzanforderungen für zulässig und angemessen. Mit der Rüge mangelnden Auftragsbezugs sei der Antragsteller schon präkludiert. Zudem bestehe ein berechtigtes Interesse, dass der Projektsteuerer vorliegend Erfahrungen mit der konkreten Nutzungsart habe, da es sich um ganz spezifische Steuerungsleistungen handle. Das Projekt beinhalte aufgrund der besonderen Nutzerstruktur und der Steuerung der inhaltlichen Entwicklungsprozesse für die Ausstellungen sehr spezifische, hoch komplexe Aufgaben. Die Nutzervorgaben müssten in einem Parallelprozess mit den Ausstellungen entwickelt und anschließend ins Gebäude integriert werden, was das Projekt ganz wesentlich von einem klassischen Bauprojekt unterscheide. Aufgrund des Projektplans bleibe keine Zeit, dass sich der Bieter die Kenntnisse für eine derartige Projektsteuerung erst während des Projekts aneigne. Eine wissenschaftliche Definition, was „eine“ Ausstellung sei, kenne sie nicht, das definiere jedes Museum selbst. Sie habe mit den Referenzanforderungen hohe Hürden gesetzt. Die Anforderungen seien aber nicht spezifisch auf den Projektsteuerer des Realisierungsabschnitts 1 zugeschnitten. Es sei allgemein bekannt, dass in den letzten 10 Jahren eine Vielzahl von Projekten verwirklicht worden sei, so dass es einige Projektsteuerer geben müsse, die die Anforderungen erfüllen könnten. Die Dokumentation sei ordnungsgemäß.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Der Antragsteller sei mit der Rüge der unterbliebenen Losaufteilung nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB präkludiert. Dass die Antragsgegnerin keine Losaufteilung vorgenommen habe, sei aus der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen ersichtlich gewesen. Der Präklusion stehe nicht entgegen, dass dem Antragsteller nicht bekannt gewesen sei, aus welchen Gründen gemäß § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB die Antragsgegnerin eine gemeinsame Vergabe vorgenommen habe. Im Übrigen hält die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag für unbegründet. § 75 Abs. 5 Satz 3 VgV sei nicht anwendbar. Die Eignungsanforderungen stünden gemäß § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB in einem angemessenen Verhältnis zum Auftragsgegenstand. Die Notwendigkeit einer Projektsteuerungsreferenz für die Neugestaltung von mindestens drei Einzelausstellungen als Dauerausstellungen sei nicht als besonders hohe Anforderung anzusehen. Eine Einschränkung hinsichtlich der Thematik oder Größe der Ausstellung, des Schwerpunkts oder der Besucherzahl des Gebäudes sowie der Anzahl oder Beschaffenheit der Exponate werde nicht vorgenommen. Die Antragsgegnerin habe vorgetragen, dass es in den letzten Jahren eine Vielzahl an Neukonzeptionen von Ausstellungen im Zusammenhang mit dem Neubau, Umbau oder einer Sanierung von Gebäuden gegeben habe. Die Vergabekammer gehe davon aus, dass die Eignungskriterien nur einen geringen Einfluss auf den Wettbewerb hätten. Auch habe der Antragsteller nicht dargelegt, inwieweit es aufgrund einer eingeschränkten Wettbewerbssituation nicht möglich gewesen sei, Nachunternehmer zur Eignungsleihe oder andere Projektsteuerer für eine Bietergemeinschaft zu finden. Es sei auch keine unangemessene Forderung, dass der Projektsteuerer bereits Erfahrung mit der Steuerung und Koordinierung von Ausstellungsprojekten vorweisen müsse. Die Leistungen insoweit unterschieden sich signifikant von den üblichen Projektsteuerungsleistungen bei Bauprojekten.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er seinen Vortrag vertieft. Die Eignungsanforderungen verstießen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer handele es nicht nur um geringe Anforderungen. Da mindestens drei Einzelausstellungen und Schnittstellen zum Bauprojekt gefordert seien, müsse ein entsprechend großvolumiges Projekt im Raum stehen. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht vorab definiert, wann eine Referenz von ihr als tauglich angesehen werde. Wenn die Neugestaltung jeder Art von Ausstellungen, z. B. auch in einem „ländlichen Bauernmuseum“, genügen solle, stehe das in Widerspruch zur dokumentierten Erwägung, dass die Bewältigung von Projekten mit hoher Komplexität nachzuweisen sei. Ferner fehle eine taugliche Dokumentation. Die Antragsgegnerin habe die Referenzanforderungen ohne ausreichende Kenntnis der Marktlage und sachliche Basis festgelegt. Auch fehle eine ergebnisoffene Abwägung des Für und Wider der Anforderungen. Der Auftrag hätte in ein Los zur klassischen Projektsteuerung und die besondere Projektsteuerungsleistung „Ausstellung“ aufgeteilt werden müssen. Diese Rüge sei nicht präkludiert, da sich die Gründe für das Unterbleiben der Losaufteilung nicht aus den Unterlagen ergeben hätten. Zudem sei davon auszugehen, dass eine erneute Frist zur Einreichung der Teilnahmeanträge gesetzt werde, wenn nach dem Ende des Nachprüfungsverfahrens die Aussetzung des Vergabeverfahrens aufgehoben werde.

Der Antragsteller beantragt daher:

1. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 30. März 2022 wird aufgehoben.

2. Auf den Nachprüfungsantrag des Antragstellers hin wird das Vergabeverfahren aufgehoben.

3. Hilfsweise zu 2: Die Antragsgegnerin wird bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht zur Gestaltung der Vergabeunterlagen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats verpflichtet.

Die Antragsgegnerin beantragt:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin verteidigt den Beschluss der Vergabekammer und vertieft ihren Vortrag. Die Eignungskriterien seien angemessen. Die Steuerung von Ausstellungsprojekten beinhalte sehr spezielle Aufgabenstellungen wegen der besonderen Nutzerstruktur, der Steuerung der inhaltlichen Entwicklungsprozesse und deren Synchronisation mit den Planungsabläufen. Bei der Inhaltsproduktion gebe es spezielle Prozesse und Vorgehensweisen zwischen Kuratoren und Gestaltern. Zudem müssten die konservatorischen Vorgaben bekannt sein. Schließlich seien die Prozesse zur Erstellung der Begleitmedien (Vermittlung der Inhalte) sehr speziell. Die Herausforderung bestehe darin, die Prozesse der unterschiedlichen Ausstellungen mit den unterschiedlichen Anforderungen an die Exponate richtig einzuordnen, abzustimmen und die Vielzahl der fachlich Beteiligten zielgerichtet zu organisieren und zu steuern. Die Steuerung von Ausstellungsprojekten unterscheide sich daher wesentlich von der klassischen Bauprojektsteuerung. Die Forderung nach einer Referenz bezogen auf Dauerausstellungen sei gerechtfertigt, da die inhaltliche Entwicklung von Dauerausstellungen ganz andere Anforderungen stelle als die von temporären Ausstellungen. Ein Referenzprojekt mit drei Einzelausstellungen sei nötig, da unterschiedliche Ausstellungsgegenstände (z. B. Großexponate, klimasensible Exponate etc.) unterschiedliche Schwerpunkte in den einzelnen Prozessen verlangten und diese im Rahmen eines Gesamtkonzepts aufeinander abzustimmen seien. Es handle sich bei der geforderten Referenz nicht um eine unnötige Wettbewerbsbeschränkung, zumal der Einsatz von Nachunternehmern nicht ausgeschlossen werde. Eine Losaufteilung sei nicht möglich gewesen. Auf die einheitliche Verantwortung eines Projektsteuerers könne wegen der mannigfaltigen Schnittstellen und der notwendigen Synchronisation der Planungsabläufe nicht verzichtet werden. Ohnehin sei die Antragstellerin mit der Rüge präkludiert. Dem einschlägigen Bieterkreis müssten die Grundsätze der Losaufteilung bekannt sein. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis folge, dass ein Bieter nicht einfach annehmen dürfe, der Auftraggeber werde schon einen validen Grund für die Gesamtvergabe haben.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2023 verwiesen.

II.

Die gemäß § 172 GWB zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Die Antragsgegnerin hat bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht das Verfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen.

1. Der Nachprüfungsantrag ist insgesamt zulässig.

a) Der Antragsteller ist antragsbefugt, § 160 Abs. 2 GWB, auch wenn er kein Angebot abgegeben hat. Er trägt unbestritten vor, er habe keine Referenz für die Projektsteuerung einer Neugestaltung von Ausstellungen in Museen und sei daher an einer Angebotsabgabe gehindert. In einem derartigen Fall ist das nötige Interesse am Auftrag in ausreichender Weise durch eine Rüge nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB und die nachfolgende Stellung eines Nachprüfungsantrags dokumentiert (Horn/Hofmann in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Band 1, GWB, 4. Aufl. 2022, § 160 Rn. 28). Der Antragsteller rügt im Nachprüfungsverfahren gerade die Forderung dieser Referenz als unverhältnismäßig gemäß § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB sowie die fehlende Aufteilung in ein Los zur Projektsteuerung allgemein einerseits und ein Los zur Projektsteuerung Ausstellung andererseits und die fehlende bzw. mangelhafte Dokumentation insoweit. Diese stellen auch mögliche Rechtsverletzungen gemäß § 97 Abs. 6, § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB dar (zum bieterschützenden Charakter des § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB OLG Rostock, Beschl. v. 9. Dezember 2020, 17 Verg 4/20; Kus in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB, 5. Aufl. 2020, § 97 Rn. 223). Ferner erscheint es jedenfalls möglich, dass der Antragsteller ohne die Mindestanforderung bzw. im Fall einer Losaufteilung ein möglicherweise erfolgversprechendes Angebot hätte abgeben können, und ihm daher infolge der gerügten Rechtsverletzungen ein Schaden entstanden ist, § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB.

b) Der Antragsteller ist mit seinen Rügen nicht präkludiert, § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB.

aa) Bezüglich der Mindestanforderung einer Referenz über die Projektsteuerung der Neugestaltung von drei Ausstellungen (Dauerausstellungen) samt Schnittstellenmanagement liegt im Schreiben vom 7. September 2021 eine ausreichende und nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 GWB rechtzeitige Rüge, die auch den im Nachprüfungsverfahren ebenfalls bemängelten fehlenden Auftragsbezug der Referenz abdeckt. Ein Verstoß gegen § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB liegt ebenfalls nicht vor.

bb) Soweit der Antragsteller nunmehr die fehlende Losaufteilung nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB beanstandet, ist er damit ebenfalls nicht präkludiert. Zwar hat der Antragsteller die fehlende Losaufteilung weder im Rügeschreiben vom 7. September 2021 noch im Nachprüfungsantrag vom 30. September 2023 erwähnt.

(1) Ein aufgrund der Bekanntmachung oder der Vergabeunterlagen erkennbarer Verstoß im Sinn des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 GWB liegt aber nicht vor.

Die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen eine Vergabevorschrift setzt einerseits die Erkennbarkeit der maßgeblichen Tatsachen, andererseits die Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes voraus (OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG München, Beschl. v. 22. Oktober 2015, Verg 5/15; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 20. Aufl. 2020, GWB § 160 Rn. 48). Dabei muss der Verstoß so deutlich zutage treten, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots beziehungsweise seiner Bewerbung auffallen muss; übersteigerte tatsächliche und rechtliche Anforderungen dürfen diesbezüglich nicht an einen Bieter gestellt werden (OLG München, Beschl. v. 24. März 2021, Verg 12/20; vgl. auch OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27. Oktober 2022, 54 Verg 7/22; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19. September 2018, Verg 37/17).

Maßstab ist nach Ansicht des Senats ein durchschnittlich fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet. Ob für die Erkennbarkeit des Vergabeverstoßes ein objektiver, auf den durchschnittlichen verständigen Bewerber oder ein subjektiver, auf die individuellen Verhältnisse des Bieters abstellender Maßstab anzuwenden ist, wurde und wird kontrovers diskutiert (für einen objektiven Maßstab: OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27. Oktober 2022, 54 Verg 7/22; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7. September 2022, 15 Verg 8/22, NZBau 2022, 615; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Rostock, Beschl. v. 21. Januar 2019, 17 Verg 8/18; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19. September 2018, Verg 37/17, NZBau 2019, 390; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 160 Rn. 51; Summa in jurisPK-Vergaberecht, Stand 31. Mai 2023, § 160 Rn. 305; Wiese in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 160 Rn. 126; für einen Vergabeverstoß bezüglich der Zuschlagskriterien auch EuGH, Beschl. v. 12. März 2015, C-538/13, NZBau 2015, 306 Rn. 52 ff.; für einen subjektiven Maßstab: Horn/Hoffmann in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Band 1, GWB § 160 Rn. 53 mit Zitaten aus der älteren Rechtsprechung; offengelassen: OLG München, Beschl. v. 24. März 2021, Verg 12/20; Beschl. v. 2. Juni 2016, Verg 15/15; OLG Celle, Beschl. v. 8. September 2011, 13 Verg 4/11). Der Senat schließt sich der ersten, inzwischen herrschenden Meinung an. Für diese spricht insbesondere die Übereinstimmung mit den Grundsätzen zur Auslegung der Vergabeunterlagen. Insoweit kommt es nicht auf das Verständnis des individuellen, konkreten Bewerbers an, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont eines potenziellen Bieters (BGH, Beschl. v. 7. Januar 2014, X ZB 15/13, NZBau 2014, 185 Rn. 31; BGH, Beschl. v. 3. April 2012, X ZR 130/10 Rn. 10; BayObLG, Beschl. v. 26. Mai 2023, Verg 2/23); maßgeblich ist, wie ein verständiger, sachkundiger und mit derartigen Beschaffungsvorgängen vertrauter Bieter die Vergabeunterlagen verstehen muss (BayObLG, Beschl. v. 3. Juni 2022, Verg 7/22; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 5. November 2019, 11 Verg 4/19). Es liegt nahe, nach denselben Grundsätzen auch die Erkennbarkeit von Vergabeverstößen aus den Vergabeunterlagen zu bewerten. Der objektive Maßstab steht ferner im Einklang mit dem Wortlaut des § 160 Abs. 3 GWB. Während der Rügetatbestand in Ziffer 1 explizit auf den Erkenntnisstand des konkreten Bieters abstellt, wird die individuelle Ausprägung in den Ziffern 2 und 3 nicht wiederholt, also keine Erkennbarkeit „für den Antragsteller“, sondern nur die (generelle) Erkennbarkeit anhand der Bekanntmachung beziehungsweise der Vergabeunterlagen gefordert (so auch Dicks, a. a. O. Rn. 50).

Gemäß § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB sind Leistungen in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Unter dem Begriff „Fachlos“ sind Leistungen zu verstehen, die von einem bestimmten Handwerks- oder Gewerbebetrieb ausgeführt werden, d. h. einem bestimmten Fachgebiet zuzuordnen sind. Für die Frage, ob die Bildung eines eigenständigen Fachloses geboten ist, kommt es darauf an, ob für die spezielle Leistung ein eigener Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen seit längerem besteht oder sich gerade herausgebildet hat. Entscheidend ist mithin eine hinreichende Abgrenzbarkeit (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29. April 2022, 15 Verg 2/22; OLG München, Beschl. v. 9. April 2015, Verg 1/15; OLG Naumburg, Beschl. v. 14. Mär 2013, 2 Verg 8/12; Knauff in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, GWB § 97 Rn. 24; Kus in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB, § 97 Rn. 197).

Unter Anwendung dieser Grundsätze bestand vorliegend jedenfalls keine Rügepflicht des Antragstellers. Zwar war aus der Auftragsbekanntmachung ohne Weiteres ersichtlich, dass die Antragsgegnerin keine Losaufteilung vorgesehen hatte. Unter Ziffer II 1.6) ist ausdrücklich angeführt:

„Aufteilung des Auftrags in Lose: nein“.

Indessen hätte für den Antragsteller nur dann eine Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB bestanden, wenn auch erkennbar gewesen wäre, dass eine Pflicht zur Bildung eines Fachloses „Projektsteuerung Teilprojekt Ausstellungen“ bestand. Dabei kann unterstellt werden, dass einem durchschnittlichen Bieter die grundsätzliche, in § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB verankerte Pflicht zur Bildung von Fachlosen bekannt ist. Indessen genügt dies nicht. Eine Rügepflicht setzt ferner voraus, dass ein durchschnittlich fachkundiger Bieter unter Anwendung der üblichen Sorgfalt auch erkennen kann, dass es einen eigenständigen Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen im Bereich Projektsteuerung Ausstellungen gibt (vgl. OLG München, Beschl. v. 25. März 2019, Verg 10/18). Das Bestehen eines derartigen Markts kann in einzelnen Bereichen, wie etwa der Glasreinigung (vgl. Kus, a. a. O., Rn. 197; OLG München, Beschl. v. 25. März 2019, Verg 10/18) ohne Weiteres erkennbar sein. Vorliegend ist das Bestehen eines derart spezialisierten Markts aber weder nach dem Vortrag der Parteien noch sonst offensichtlich. Insbesondere war auch ein durchschnittlich fachkundiger Bieter unter Anwendung der üblichen Sorgfalt nicht verpflichtet, zunächst selbst eine Markterkundung durchzuführen, um sich Klarheit über das Bestehen eines speziellen Anbietermarkts und damit verbunden die Pflicht zur Fachlosbildung zu verschaffen. Allein aus der Tatsache, dass ein Bieter – wie vorliegend der Antragsteller – selbst über keine entsprechende Referenz verfügt, konnte und musste er auch noch nicht auf das Bestehen eines eigenen Anbietermarkts zur Projektsteuerung im Bereich Ausstellungen schließen.

Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Besteht nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB grundsätzlich eine Pflicht zur Losaufteilung, kann hiervon nach § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Ob eine Rügepflicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bzw. 3 GWB nur dann besteht, wenn auch die Gründe des Auftraggebers, von der Losbildung abzusehen, für den Bieter erkennbar waren, erscheint fraglich (abstellend auf die Erkennbarkeit der Gründe OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 14. Mai 2018, 11 Verg 4/18; Summa in jurisPK-Vergaberecht, 6. Aufl. Stand 31. Mai 2023, § 160 GWB Rn. 317 ff.; letztlich offengelassen von OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8. März 2017, Verg 39/16; nur auf die Erkennbarkeit der fehlenden Losaufteilung stellen ab OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 27. Oktober 2022, 54 Verg 7/22; Beschl. v. 13. Juni 2019, 54 Verg 2/19; OLG Celle, Beschl. v. 8. September 2011, 13 Verg 4/11). Dagegen spricht, dass bei Bestehen eines spezialisierten Marktes die Fachlosbildung den Regelfall und das Absehen davon die für den Auftraggeber begründungsbedürftige Ausnahme darstellt, so dass nach den Umständen ein Vergabeverstoß naheliegt. Mit Sinn und Zweck der Rügepflicht erscheint es nur schwer zu vereinbaren, wenn der Bieter in einer derartigen Situation sich die Rüge des – naheliegenden – Vergabeverstoßes für den Fall vorbehalten kann, dass sein Angebot nicht zum Zuge kommen soll. Letztlich würde die Rügepflicht in erheblichem Umfang leerlaufen, wenn der Bieter erst nach Erkennbarkeit der Gründe des Auftraggebers, also häufig erst nach Einsicht in den Vergabevermerk, zur Rüge verpflichtet sein könnte. Vorliegend bedarf dies aber keiner Entscheidung.

(2) Der Antragsteller ist mit der Rüge entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB präkludiert. Der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe nicht innerhalb von 10 Tagen nach Inanspruchnahme von Rechtsrat die fehlende Losaufteilung gerügt, überzeugt nicht. Eine Beratung durch eine Syndikusanwältin ist ebenso wie die Beauftragung einer externen Rechtsanwaltskanzlei nicht automatisch gleichzusetzen mit der Kenntnis sämtlicher denkbarer Verstöße gegen Vergabevorschriften.

(3) Mangels Präklusion kommt es weder auf die vom Antragsteller aufgeworfene Frage an, ob der Verstoß gegen die Losaufteilungspflicht von Amts wegen aufzugreifen ist, noch darauf, ob der Antragsgegner nach Beendigung der Aussetzung des Vergabeverfahrens nochmals eine Frist zur Angebotsabgabe zu setzen hat.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Zwar bestand keine Pflicht zur Fachlosbildung (dazu unten a]), jedoch verstößt die Forderung einer Referenz zur Projektsteuerung der Planung und Ausführung der Neugestaltung von wenigstens drei Dauerausstellungen im Rahmen des Neubaus, der Sanierung oder des Umbaus eines Museums gegen § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB (dazu unten b]).

a) Eine Pflicht zur Bildung von Fachlosen „Projektsteuerung allgemein / Teilprojekt Bau“ und „Projektsteuerung Teilprojekt Ausstellungen“ bestand nach § 97 Abs. 4 Satz 2 GWB nicht. Wie bereits ausgeführt (siehe oben Ziffer 1 b] bb] [1]) hat eine Aufteilung in Fachlose grundsätzlich zu erfolgen, wenn sich für die konkrete Leistung ein eigener Anbietermarkt mit spezialisierten Fachunternehmen herausgebildet hat. Ein derartiger Anbietermarkt für Projektsteuerungsleistungen für die Neugestaltung von Ausstellungen ist jedoch nicht ersichtlich. Weder dem schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten noch den vorgelegten Unterlagen lässt sich entnehmen, dass ein solcher spezialisierter Anbietermarkt vorhanden wäre. Dass die Fachplanung für die Teilprojekte Bau und Ausstellungen unstreitig getrennt vergeben wurde, lässt nicht den Schluss darauf zu, es bestünden auch im Bereich der Projektsteuerung entsprechende spezialisierte Anbietermärkte. Die Tatsache, dass der Antragsteller zwar über Referenzen im Bereich der Projektsteuerung Bau, aber nicht über Referenzen für die Projektsteuerung Ausstellungen verfügt, bedeutet ebenfalls nicht zwingend, dass es sich insoweit um einen getrennten Markt für entsprechende Projektsteuerungsleistungen handelt. Ferner konnten in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2023 auf Nachfrage des Senats weder der Antragsteller noch die Antragsgegnerin bestätigen, dass ein entsprechender Spezialmarkt existiert.

Ob ausreichende wirtschaftliche und technische Gründe für eine Gesamtvergabe nach § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB vorlagen und ob diese dokumentiert wurden, bedarf daher keiner Entscheidung mehr.

b) Die von der Antragsgegnerin auch nach der Teilabhilfe noch als Mindeststandard geforderte Referenz einer „Projektsteuerung der Planung und Ausführung der Neugestaltung von wenigstens drei Einzelausstellungen (Dauerausstellungen) im Rahmen des Neubaus / der Sanierung / eines Umbaus eines Gebäudes einschließlich der Betreuung der Schnittstelle zum Bauprojekt“ verstößt gegen § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB.

aa) Die als Mindeststandard für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit geforderte Referenz ist an § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB zu messen. Wenn eine Referenz gefordert wurde ohne Rückbezug zu eigenständig aufgestellten Eignungskriterien, definiert die Referenz konkludent auch die materiellen Eignungskriterien (BayObLG, Beschl. v. 29. Juli 2022, Verg 16/21; OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18).

bb) Grundsätzlich steht dem Auftraggeber bei der Auswahl der Eignungskriterien ein Beurteilungsspielraum zu, der seine Grenzen in § 122 Abs. 4 GWB findet (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18). Es dürfen nur Eignungskriterien aufgestellt werden, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu ihm in einem angemessenen Verhältnis stehen. Die Eignungskriterien müssen geeignet und erforderlich sein, um die Leistungsfähigkeit in Bezug auf den ausgeschriebenen Auftragsgegenstand nachzuweisen. Dabei sind unter anderem die Komplexität des Auftrags und das Gewicht, das die ordnungsgemäße Auftragserfüllung für den Auftraggeber hat, in den Blick zu nehmen. Je komplexer der Auftragsgegenstand, desto höhere Eignungsanforderungen können gestellt werden (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 23. Dezember 2021, 11 Verg 6/21; Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18). In die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen sind aber auch die Auswirkungen auf den Wettbewerb. Der Auftraggeber hat abzuwägen zwischen einer möglichst großen Auswahl an Angeboten und der Gefahr nicht ordnungsgemäßer Ausführung. Besonders hohe Anforderungen können unangemessen sein, wenn sie wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfalten, weil nur ein oder wenige Unternehmen sie erfüllen. In einem solchen Fall ist es nötig, dass die Anforderungen durch gewichtige Gründe gerechtfertigt sind. Je einschneidender der Wettbewerb beschränkt wird, desto höher sind die Anforderungen an die gewichtigen Gründe (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 30. März 2021, 11 Verg 18/20; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Juni 2018, Verg 4/18).

cc) Unter Anwendung dieser Grundsätze genügt die geforderte Referenz nicht mehr den Anforderungen des § 122 Abs. 4 Satz 1 GWB. Zwar kann die geforderte Referenz nach Ansicht des Senats zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit als – noch – geeignet angesehen werden (dazu unten [1]). Jedoch sind die Anforderungen, soweit der Nachweis von Projektsteuerungsleistungen bezüglich dreier Dauerausstellungen gefordert wird, unter Berücksichtigung der damit notwendigerweise verbundenen Wettbewerbsbeschränkung unangemessen hoch (dazu unten [2]). Bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht obliegt es der Antragsgegnerin, im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats jedenfalls die gerügte Mindestreferenz neu zu fassen, sowie die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Referenz zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit für die ausgeschriebene Projektsteuerungsleistung konkret und unter Berücksichtigung etwaiger wettbewerbsbeschränkender Wirkungen zu dokumentieren. Gegebenenfalls wäre auch klarzustellen, in welchem Umfang Nachunternehmer eingesetzt werden können und für welche konkreten Projektsteuerungsleistungen (z. B. in Bezug auf Teilprojekte oder das Gesamtprojekt) es der Referenz bedarf (vgl. dazu unten [2] [ee]).

(1) Die geforderte Referenz ist zwar auftragsbezogen, da sie gerade einen Teilbereich genau der Leistungen umfasst, die ausgeschrieben sind. Zugunsten der Antragsgegnerin kann auch angenommen werden, dass sie zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit geeignet ist, obwohl dies bereits gewissen Bedenken begegnet.

Zum einen bleibt mangels konkreter Definition schon unklar, wann aus Sicht der Antragsgegnerin „eine“ Ausstellung und wann daher „drei“ Ausstellungen vorliegen. Vorgaben zur Größe und zu den Themen der drei Ausstellungen finden sich ebenfalls nicht. Ob die Projektsteuerung der Neugestaltung von drei kleinen Einzelausstellungen beispielsweise eines Bauernhofmuseums tatsächlich den Rückschluss auf die Eignung für die Projektsteuerung im vorliegenden Großprojekt zulässt, mag zweifelhaft erscheinen, ist aber noch vom Beurteilungsspielraum gedeckt.

Zum anderen begründet die Antragsgegnerin das Erfordernis der drei Ausstellungen damit, dass Objekte mit unterschiedlichen konservatorischen Anforderungen, Klimaempfindlichkeit oder Transportgewicht wie etwa Flugzeuge oder Eisenbahnen einerseits und optische Geräte andererseits, auch zu unterschiedlichen Prozessen im Rahmen der Ausstellungsneugestaltung führten. Diese unterschiedlichen Prozesse müssten auch dem Projektsteuerer bekannt sein. Zweifelhaft erscheint indessen, ob zum Nachweis hierfür die konkret geforderte Referenz geeignet ist. Denn diese verlangt zwar die Neugestaltung von drei Ausstellungen, lässt aber offen, ob es sich tatsächlich um Ausstellungen mit deutlich unterschiedlichen Exponaten handelt. Von der Referenzanforderung gedeckt wären auch drei Ausstellungen mit Exponaten, bei denen sich z. B. die konservatorischen Anforderungen, Klimaempfindlichkeit und Transportgewicht kaum unterscheiden. Dennoch erscheint auch dies als noch vom Beurteilungsspielraum der Auftraggeberin gedeckt, zumal bei einer größeren Zahl an Ausstellungen sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es sich um Ausstellungen mit deutlich unterschiedlichen Arten von Exponaten handelt. Ferner würden weitergehende Vorgaben zu den geforderten Ausstellungen den Wettbewerb noch weiter einschränken (dazu noch unten [2]).

(2) Indessen stellt die Mindestreferenz zum Nachweis der Leistungsfähigkeit unangemessen hohe Anforderungen, insbesondere unter Berücksichtigung der damit notwendigerweise verbundenen Wettbewerbsbeschränkung.

(a) Nachvollziehbar und im Grundsatz nicht zu beanstanden ist die Vorgabe der Antragsgegnerin, dass der Bieter Erfahrungen mit der Steuerung und Koordinierung der Neugestaltung gerade von Ausstellungen in Museen vorweisen müsse.

Insoweit hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, dass vorliegend die konkreten Neugestaltungen der Ausstellungen in einem Parallelprozess entwickelt würden. Dazu gehörten auch die Prozesse zur Erstellung der Begleitmedien und zur Entwicklung der didaktischen Inhaltsvermittlung. Der Auftrag umfasse daher gerade auch die Organisation und Steuerung der inhaltlichen Entwicklungsprozesse in allen fünf vom Realisierungsabschnitt 2 betroffenen Ausstellungen. Hierbei seien eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Projektbeteiligter (Kuratoren, Grafikverantwortliche, Ausstellungsarchitekten, Textplaner, Ausstellungsplaner, Medienplaner, technische Planer, museumsinterne Planungs- und Ausführungsbeteiligte) mit den von ihnen verantworteten Prozessen zielgerichtet zu organisieren und zu steuern. Zudem müsse der Umgang mit konservatorischen Vorgaben bekannt sein, um eine entsprechende Organisation aufzubauen und gegebenenfalls korrigierend eingreifen zu können. Es gehe um die Synchronisierung der gesamten inhaltlichen Entwicklungsprozesse mit den übrigen Planungsabläufen und die Integration in das Bauprojekt und Gebäude.

Diese Erwägungen sind jedenfalls nachvollziehbar. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Auftragsgegenstand nicht die Planung, sondern die Projektsteuerung ist, und dass auch im Rahmen von reinen Bauprojekten unter Umständen umfangreiche und schwierige Prozesse etwa betreffend Innenausbau einerseits und Außenaufbau andererseits zu koordinieren sind. Auch verweist der Antragsteller zutreffend darauf, dass es hochkomplexe Bauvorhaben mit ganz speziellen, sensiblen Nutzeranforderungen gibt wie etwa den Krankenhausbau, OP- und Diagnostikraumausstattungen, Tierforschungshäuser oder Museumsbau mit besonderen gestalterischen Anforderungen, bei denen ebenfalls eine Vielzahl verschiedener Projektbeteiligter samt der maßgeblichen Prozesse zu steuern sind. Indessen unterscheiden sich derartige Projekte von dem vorliegenden insoweit, als die vom Antragsteller angeführten, zu beachtenden (Nutzer-) Vorgaben wie Hygiene- oder Tierschutzvorschriften, raumklimatische, Beleuchtungs- und Akkustikanforderungen regelmäßig bereits bei Beginn des Projekts weitgehend absehbar sind oder sogar feststehen. Dagegen sind im hiesigen Projekt die Nutzervorgaben aufgrund der gleichzeitig mit der Gebäudesanierung laufenden Neugestaltung von Ausstellungen vorab nicht bekannt, sondern werden in Parallelprozessen erst entwickelt. Dadurch ist mit einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Beteiligter und parallel ablaufenden, komplexen Prozessen zu rechnen. Dass sich daraus weitergehende Anforderungen auch an die Projektsteuerung, die Koordinierung der Prozesse und Termine, die Einhaltung von Qualitätsvorgaben und Kostenrahmen ergeben, erscheint jedenfalls nachvollziehbar.

Ferner handelt es sich um ein äußerst umfangreiches Projekt mit der gleichzeitigen Neugestaltung nicht einer, sondern von fünf Ausstellungen. Es ist aus Sicht des Senats daher per se nicht zu beanstanden, wenn als Mindestanforderung eine Referenz mit Erfahrung in der Projektsteuerung der Neugestaltung von Ausstellungen gefordert wird.

(b) Allerdings sind in der Gesamtschau die von der Antragsgegnerin geforderten Mindeststandards unverhältnismäßig hoch und geeignet, den Wettbewerb in einer Weise zu beschränken, die sich auch mit der ganz erheblichen Bedeutung des Projekts nicht mehr rechtfertigen lässt.

(aa) Die Zahl möglicher als Referenz in Betracht kommender Projekte wird bereits dadurch deutlich eingeschränkt, dass es sich um die Neugestaltung von Dauerausstellungen handeln muss. Die Projektsteuerung in Bezug auf die Neugestaltung von temporären oder Wanderausstellungen genügt hingegen nicht. Weshalb die Neugestaltung einer Dauerausstellung erforderlich sein soll, erschließt sich nicht. Die Antragsgegnerin trägt dazu vor, es gebe einen grundlegenden Unterschied zwischen temporären und Dauerausstellungen in Bezug auf die Programmatik, die Dauerhaftigkeit und Qualität, die Komplexität der technischen Anlagen, die Planungen für spätere Aktualisierungsmöglichkeiten und die konservatorischen Anforderungen. Auch würden nur bei Dauerausstellungen sogenannte „Mock-Ups“ (insbesondere zum Test der Haltbarkeit) erstellt. Zwar erscheinen die angeführten Unterschiede nachvollziehbar. Jedoch vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die dargestellten Differenzen nicht nur die Planung und Gestaltung der Ausstellung, sondern auch die Projektsteuerung signifikant beeinflussen. Dass sich auf der Ebene der Projektsteuerung spürbare Unterschiede zwischen der Neugestaltung von temporären und von Dauerstellungen ergeben, hat die Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung ihrer ergänzenden Erläuterung in der mündlichen Verhandlung (insbesondere zu den Mock-Ups) nicht hinreichend darzustellen vermocht.

(bb) Eine weitere erhebliche Einschränkung in Bezug auf mögliche Referenzen folgt daraus, dass diese sich auf die Neugestaltung von drei Dauerausstellungen beziehen müssen. Insoweit hat die Antragsgegnerin insbesondere darauf verwiesen, dass unterschiedliche Ausstellungsgegenstände wie etwa große Maschinen oder Fahrzeuge einerseits oder klimasensible Exponate wie optische Geräte andererseits auch verschiedene Schwerpunkte in den jeweils zu koordinierenden Prozessen bedingten. Aufgabe des Projektsteuerer sei es, ganz unterschiedliche Prozesse zu verschiedenen Zeiten anzustoßen. In der mündlichen Verhandlung hat die Antragsgegnerin hierzu ergänzt, bei der Forderung nach einer Referenz mit drei Dauerausstellungen sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um Exponate mit unterschiedlichen Anforderungen gehandelt habe. Man habe aber auch keine zu spezifischen Anforderungen an den Ausstellungsinhalt festlegen wollen. Auch wenn es daher keine Vorgaben bezüglich des Inhalts der drei Dauerausstellungen (und auch nicht bezüglich der Größe und Themen) gibt, handelt es sich um hohe Anforderungen, wie die Antragsgegnerin selbst eingeräumt hat. Die Vorgabe der drei Dauerstellungen ist jedenfalls geeignet, den möglichen Bewerberkreis erheblich einzuschränken. Es mag, wie die Antragsgegnerin ausgeführt hat, eine Vielzahl an Museen geben, die innerhalb der letzten zehn Jahre Umbauten und eine Neugestaltung ihrer Ausstellungen vorgenommen und dabei Projektsteuerer beschäftigt haben. Die Eignung als Referenz erfordert aber, dass es sich um Museen handelte, die über mindestens drei Dauerausstellungen verfügten und diese gleichzeitig mit Neubau-, Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen neu gestalteten. Erschwerend kommt hinzu, dass es auch nach dem Vortrag der Antragsgegnerin keine einheitliche Definition gibt, was überhaupt unter „einer“ Ausstellung zu verstehen ist. Sofern daher ein Museum seine gesamten Exponate als eine einheitliche Sammlung und Dauerausstellung versteht, könnte ein mit der Neugestaltung beauftragter Projektsteuerer dies dennoch nicht als taugliche Referenz für die hiesige Ausschreibung angeben, selbst wenn es sich um ein großes Museum mit einer Vielzahl unterschiedlichster Arten von Exponaten handelte. Unter diesem Aspekt erscheint ferner fraglich, ob zum Nachweis der Erfahrung im Umgang mit unterschiedlichsten Exponaten es tatsächlich erforderlich ist, dass eine Referenz bezogen auf drei Dauerausstellungen nachgewiesen wird.

(cc) Die dargestellten hohen Referenzanforderungen sind schon an sich geeignet, den Wettbewerb erheblich einzuschränken. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin als weitere Mindestanforderung zwei Referenzen über eine Projektsteuerung bei Bauvorhaben mit Baukosten über mindestens 100 Millionen Euro brutto und einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren fordert. Weitere Mindestvoraussetzung ist eine Beschäftigung von mindestens 80 Mitarbeitern, davon mindestens 50 Architekten und Bauingenieure. Der Senat verkennt nicht, dass diese Mindestanforderungen vom Antragsteller nicht gerügt wurden. Indessen können bei der Prüfung, in welchem Umfang die (gerügte) Mindestanforderung einer Ausstellungsreferenz wettbewerbsbeschränkende Wirkung entfaltet, die weiteren Mindestanforderungen nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Dass es überhaupt eine nennenswerte Anzahl von Projektsteuerungsbüros dieser Größe gibt, die zudem über die geforderten Referenzen in Bezug auf die Neugestaltung dreier Dauerausstellungen verfügen, hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt. Die Behauptung, bei Internetrecherchen fänden sich allein in Berlin mindestens fünf große Museumsprojekte aus den Jahren 2010 bis 2020, die von unterschiedlichen Projektsteuerungsbüros als Referenzen angeführt würden, genügt nicht. Die Antragsgegnerin hat schon nicht dargetan, dass die Projekte in Berlin jeweils die Neugestaltung von mindestens drei Dauerausstellungen umfasst hätten. Auch ist von ihr weder ausgeführt noch sonst ersichtlich, dass die recherchierten Projektsteuerungsbüros die geforderte Zahl an Mitarbeitern, Architekten und Bauingenieuren hätten.

(dd) Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem tatsächlichen Verlauf des Vergabeverfahrens ableiten. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin ist nur ein Angebot (des P.) eingegangen. Dies stellt allenfalls ein Indiz für, aber nicht gegen eine erhebliche wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Referenzanforderungen dar. Dass sich fünf bis sechs Unternehmen für die Ausschreibung interessiert hätten, wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung weiter ausgeführt hat, ändert hieran nichts. Wenn ein Interessent nach Einblick in die Auftragsbekanntmachung von der Abgabe eines Angebots absieht, spricht dies eher dafür, dass die gestellten Anforderungen (zu) hoch waren. Jedenfalls lässt sich aus dem bloßen Interesse der Unternehmen nicht folgern, der Wettbewerb sei durch die Referenzanforderungen nicht übermäßig beschränkt worden.

(ee) Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass den Bietern der Einsatz von Nachunternehmern oder die Bildung von Bietergemeinschaften offen gestanden hätte. Zwar ergibt sich aus dem „Formblatt Referenzen“, dass die Referenzangaben sich auch auf das jeweilige Mitglied der Bietergemeinschaft oder den Nachunternehmer beziehen können. Auch ist in der Auftragsbekanntmachung unter III. 1.3) zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit vorgesehen, dass die Anteile des Auftrags, die an Unterauftragnehmer vergeben werden sollen und der Name des jeweiligen Unterauftragnehmers samt gesonderter Eigenerklärung anzugeben sei. Ob es sich aus den Unterlagen hinreichend klar ergibt, dass – wie von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung dargestellt – nur der Teilprojektleiter Ausstellungen, nicht aber der Gesamtprojektleiter von dem Büro gestellt werden muss, das über die Ausstellungsreferenz verfügt, mag fraglich erscheinen, kann aber vorliegend zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt werden. Denn auch dies ändert nichts daran, dass selbst bei Einsatz eines Nachunternehmers für die Steuerung des Teilprojekts Ausstellungen jedenfalls dieser die dargestellten hohen Referenzanforderungen (Projektsteuerung der Neugestaltung von drei Dauerausstellungen im Rahmen des Neubaus, des Umbaus oder der Sanierung eines Museums samt Betreuung der Schnittstellen zum Bauprojekt) zu erfüllen hätte. Im Übrigen wurde, wie ausgeführt, tatsächlich nur ein Angebot abgegeben. Dass die Möglichkeit, Nachunternehmer einzusetzen, die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der hohen Referenzanforderungen signifikant abgemildert hätte, erschließt sich daher nicht.

(ff) Der Senat verkennt nicht, dass es sich vorliegend um ein äußerst umfangreiches und komplexes Projekt handelt, das erhebliche Herausforderungen auch für die Projektsteuerung mit sich bringt und von großer Bedeutung für die Antragsgegnerin ist. Auch dies vermag jedoch die streitgegenständliche Mindestanforderung nicht mehr zu rechtfertigen.

c) Ob die Vergabedokumentation den Vorgaben des § 8 VgV genügte und in welchem Umfang etwaige Defizite durch die Erläuterungen in den Schriftsätzen und in den mündlichen Verhandlungen geheilt wurden, bedarf keiner Entscheidung.

d) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der Nachprüfungsantrag nicht deshalb unbegründet, weil es an einer (zumindest nicht ausschließbaren) Beeinträchtigung der Chance des Antragstellers auf den Zuschlag fehlte.

Wurde ein Bieter in seinem Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften verletzt, bleibt sein Nachprüfungsantrag dennoch ohne Erfolg, wenn ihm tatsächlich weder ein Schaden entstanden noch ein solcher wahrscheinlich ist. Die Vergabekammer und der Vergabesenat sind keine allgemeinen Kontrollinstanzen, die abstrakt für die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens sorgen (BayObLG, Beschl. v. 11. Januar 2023, Verg 2/21; Beschl. v. 29. Juli 2022, Verg 13/21; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20. Dezember 2019, Verg 18/19).

Vorliegend hat der Antragsteller zwar unstreitig keine eigene Referenz für die Projektsteuerung Ausstellungen vorzuweisen, auch nicht bezogen auf nur eine temporäre oder eine Dauerausstellung. Indessen bedeutet dies nicht, dass im Fall einer Rückversetzung und Neugestaltung der Auftragsbekanntmachung in Bezug auf die Mindestanforderungen der Antragsteller keinerlei Aussichten auf den Zuschlag hätte. Dem Antragsteller stünde gegebenenfalls die Möglichkeit offen, sich eines Nachunternehmers zu bedienen oder eine Bietergemeinschaft zu bilden. Zudem kommt der Antragsgegnerin ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu, wie sie die Mindestanforderung neu fassen möchte. Zwar hat sie die Rechtsauffassung des Senats zu beachten; dies schließt aber eine deutlich umfassendere Neugestaltung nicht aus. Insbesondere ist die vorliegende Situation gerade nicht mit der Fallkonstellation vergleichbar, in der zwar eine Rechtsverletzung festzustellen ist, das Angebot des Antragstellers aber aus anderen Gründen ohnehin vom Vergabeverfahren auszuschließen wäre und somit keinerlei Chancen auf den Zuschlag hätte.

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VergMan ® Breaking – News: Auftragswertberechnung geändert

 

Architektenleistungen sollten stets im Leistungswettbewerb vergeben werden, da sie im Vorhinein nicht eindeutig beschrieben werden können. Nur so lässt sich verhindern, dass sich ein Auftraggeber durch die Auswahl des billigsten Angebots schlechte Planung einkauft. Das gilt ganz besonders nach der Neufassung der HOAI zum 1.1.2021.

Eine Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen ist am 24. August 2023, in Kraft getreten.

Ebenfalls wurde die Auftragswertberechnung geändert: Durch Streichung von § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV haben sich die bisherigen Regelungen zur Auftragswertberechnung bei (gleichartigen) Planungsleistungen geändert. Unter Berücksichtigung, dass das zugrundeliegende Vertragsverletzungsverfahren noch nicht beendet ist, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen klarstellende Erläuterungen veröffentlicht:

die Streichung von § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV, § 2 Absatz 7 Satz 2 SektVO und § 3 Absatz 7 Satz 3 VSVgV in der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („e-Forms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen (eForms-VO, BGBl. 2023 I Nr. 222) war europarechtlich geboten. Diese Sonderregelung („gleichartige Planungsleistungen“) ist in der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe und in der  Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeberim Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste vom 26. Februar 2014 nicht enthalten.

Die Regelungen in § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV, § 2 Absatz 7 Satz 2 SektVO wurden daher aufgehoben. Für § 3 Absatz 7 Satz 3 VSVgV war eine entsprechende Streichung als Folgeänderung ebenfalls erforderlich. Damit ist klargestellt, dass bei der Auftragswertberechnung nach § 3 Absatz 7 VgV, § 2 Absatz 7 SektVO und § 3 Absatz 7 VSVgV bei Planungsleistungen nicht nur Lose über gleichartige Leistungen zusammenzurechnen sind und dass für Planungsleistungen grundsätzlich dieselben Regeln zur Auftragswertberechnung wie für sonstige Dienstleistungen gelten.

Ergänzend zu den bereits in der Begründung zu der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen gegebenen Hinweisen (vgl. S. 26 ff. der Bundestagsdrucksache 20/6118) werden in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen folgende klarstellenden Erläuterungen zur Verfügung gestellt. Sie sollen einer rechtssicheren, unionsrechtskonformen Anwendung der maßgeblichen Normen dienen, können einer Prüfung im Einzelfall durch die jeweilige Vergabestelle und einer etwaigen Auslegung durch die Spruchpraxis der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte aber nicht vorgreifen:

1.

Die maßgeblichen Methoden zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts ergeben sich aus Art. 5 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Art. 16 der Richtlinie 2014/25/EU. Zu beachten ist insbesondere jeweils Absatz 3, wonach die Wahl der Methode zur Berechnung des geschätzten Auftragswerts nicht in der Absicht erfolgen darf, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen. Eine Auftragsvergabe darf nicht so unterteilt werden, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, es sei denn, es liegen objektive Gründe dafür vor (keine willkürliche Aufteilung). Umgesetzt wurde dies in § 3 Absatz 2 VgV und § 2 Absatz 2 SektVO, eine vergleichbare Regelung enthält § 3 Absatz 2 VSVgV.

2.

Für die Auftragswertberechnung ist – unabhängig von einer etwaigen Losbildung – zunächst zu bestimmen, inwieweit ein einheitlicher Auftrag vorliegt. Hierbei ist eine „funktionale Betrachtung“ heranzuziehen. Diese hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 05.10.2000, Kommission/Frankreich, C-16/98, für Bauaufträge entwickelt. Im Urteil vom 15.03.2012, Autalhalle, C-574/10, hat der EuGH diese funktionale Betrachtung auch auf Dienstleistungsaufträge angewandt. Ein einheitlicher Gesamtauftrag liegt demnach vor, sofern dessen Teilleistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen. Beide Entscheidungen liegen vor den heute maßgeblich geltenden Vergaberichtlinien. Die Europäische Kommission geht dabei davon aus, dass eine „andere Natur von Dienstleistungsaufträgen“ nicht als Begründung herangezogen werden kann, um von einer funktionalen Betrachtungsweise abzusehen. Ob Planungsleistungen, die in ihrer Art auf unterschiedliche Weise erbracht werden, in funktionalem Zusammenhang stehen und zusammenzurechnen sind, ist daher im Einzelfall von der jeweiligen Vergabestelle zu prüfen und zu dokumentieren. In Betracht kommt diese Prüfung insbesondere z.B. bei Bodengutachten oder Machbarkeitsstudien in einer frühen Vorplanungsphase.

3.

Ausweislich Erwägungsgrund 8 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU bzw. Erwägungsgrund 10 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU sollen die öffentlichen Auftraggeber sowohl die getrennte als auch die gemeinsame Vergabe von Aufträgen für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorsehen können. Die Richtlinien bezwecken nicht, eine gemeinsame oder getrennte Vergabe für die Planung und die Ausführung von Bauleistungen vorzuschreiben. Im nationalen Recht sind öffentliche Bauaufträge definiert in § 103 Absatz 3 GWB, die Vergabe öffentlicher Bauaufträge richtet sich nach § 2 VgV. Für die Auslegung von Begriffen sind außerdem die Begriffsbestimmungen der Richtlinie 2014/24/EU in Art. 2 maßgeblich. Zu beachten ist, dass danach „öffentliche Bauaufträge“ öffentliche Aufträge mit einem der folgenden Ziele sind: a) Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der in Anhang II der Richtlinie genannten Tätigkeiten; b) Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung eines Bauvorhabens; c) Erbringung einer Bauleistung durch Dritte — gleichgültig mit welchen Mitteln — gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber, der  einen entscheidenden Einfluss auf die Art und die Planung des Vorhabens hat, genannten Erfordernissen.

4.

Ungeachtet von Art. 5 Absätze 8 und 9 können nach Art. 5 Absatz 10 der Richtlinie 2014/24/EU (bzw. der entsprechenden Regelungen in den Richtlinien 2014/25/EU und 2009/81/EG) öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe einzelner Lose von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen, wenn der geschätzte Wert des betreffenden Loses ohne MwSt. bei Lieferungen oder Dienstleistungen unter 80 000 EUR und bei Bauleistungen unter 1 000 000 EUR liegt (vgl. § 3 Absatz 9 VgV). Allerdings darf der kumulierte Wert der in Abweichung von dieser Richtlinie vergebenen Lose 20 Prozent des kumulierten Werts sämtlicher Lose, in die das Bauvorhaben, der vorgesehene Erwerb gleichartiger Lieferungen oder die vorgesehene Erbringung von Dienstleistungen unterteilt wurde, nicht überschreiten, vgl. Art. 5 Absatz 10 RL 2014/24/EU (sowie Art 16 Absatz 10 RL 2014/25/EU bzw. Art. 9 Absatz 5 RL 2009/81/EG).

5.

Mittelständische Interessen sind – unter Beachtung der unionsrechtlichen Regelungen zur öffentlichen Auftragsvergabe – in Ausschreibungen für Planungsleistungen weiterhin zu wahren (vgl. § 97 Absatz 4 GWB).

Diese sollen Orientierung und Unterstützung bieten. Sie können jedoch nicht eine Prüfung durch die jeweilige Vergabestelle, die Rechtsanwendung oder Rechtsberatung im Einzelfall oder die Rechtsauslegung durch die Vergabekammern und Oberlandesgerichte vorwegnehmen oder ersetzen.

Sprechen Sie uns gerne an.

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Schätzung des Auftragswerts

 

vorgestellt von Thomas Ax

Das Gesetz enthält keine konkreten Kriterien für die Art und Weise, in der die Schätzung des Auftragswertes zu erfolgen hat. Vielmehr gilt nur die allgemeine Vorgabe, dass die Schätzung nicht in der Absicht erfolgen darf, den Auftrag dem Anwendungsbereich des Kartellvergaberechts zu entziehen. Um dies sicherzustellen, bedarf es einer sorgfältigen und nachvollziehbaren Prognose anhand objektiver Kriterien. Maßstab für die sachangemessene Schätzung des Auftragswertes ist, wie sich ein umsichtiger und sachkundiger Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und auf dem Boden einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung verhalten würde.

Die diesbezüglichen Anforderungen sind umso größer, je enger die voraussichtliche Auftragssumme sich im Grenzbereich des maßgeblichen Schwellenwertes (215.000€ netto) bewegt. Ist dieser ganz eindeutig unter- oder überschritten, sind an die Schätzung vergleichsweise niedrige Anforderungen zu stellen. Ist das hingegen zweifelhaft, steigen die entsprechenden Anforderungen. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur dann, wenn die Vergabestelle beabsichtigt, von einer EU-weiten Ausschreibung abzusehen.

Bei dem ermittelten Wert sind neben praktischen Erfahrungen z.B. einschlägige Honorarordnungen, einschlägige Indexreihen für Baukosten u. ä. heranzuziehen. Ist der Auftraggeber alleine nicht in der Lage, eine hinreichend sorgfältige Schätzung vorzunehmen, muss er sich ggf. externer Beratung bedienen.

Ebenfalls besteht die Möglichkeit, Marktteilnehmer nach ihrer Einschätzung in Bezug auf den betreffenden Auftragswert oder Teile der auszuschreibenden Leistungen zu befragen und dies in die eigene Schätzung der Vergabestelle einzubeziehen. Hingegen wäre es nicht ausreichend, sich allein auf die Aussage eines einzelnen Marktteilnehmers zu verlassen.

Ebenso werden die vorgenannten Kriterien an eine sachangemessene Schätzung nicht erfüllt, wenn die Kostenschätzung auf veralteten Daten (älter als 1 Jahr) beruht, wichtige Elemente der Kostenkalkulation schlicht außer Acht lässt oder wenn Kalkulationsgrundlagen Dritter pauschal und ungeprüft übernommen werden.

Die der Schätzung zu Grunde gelegten Kriterien und deren Ergebnisse sind in der Vergabeakte hinreichend zu dokumentieren und die Angaben zur Schätzung sind im Regelfall auch notwendiger Bestandteil des Vergabevermerks. Eine mangelhafte Dokumentation begründet einen Vergaberechtsverstoß, der dann, wenn sich die Schätzung im Ergebnis als fehlerhaft erweist, auch bei einer beabsichtigten Vergabe unterhalb der Schwellenwerte einer vergaberechtlichen Nachprüfung zugänglich ist, sofern der richtig geschätzte Auftragswert den maßgeblichen Schwellenwert erreicht oder überschreitet.

Zudem dient der geschätzte Auftragswert der haushaltsrechtlichen Mittel-/Budgetreservierung. Dies ist insbesondere relevant im Hinblick auf die Aufhebung eines Vergabeverfahrens mit Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit.

Der Schätzwert sollte einer genäherten Bestimmung des Auftragswertes entsprechen, die Schätzung muss jedoch nicht die aktuellen Marktpreise exakt widerspiegeln.

Schätzungsgrundlagen können z.B. sein

– zurückliegende Beschaffungen (max. 1 Jahr)
– Internetrecherche (Screenshots reichen)
– Angebote von Firmen (es sollte aber nicht der Eindruck erweckt werden, dass es sich um ein laufendes Vergabeverfahren handelt)
– externe Berater (wenn Fachwissen fehlt).

Beispiele für die Schätzung des Auftragswertes

1. Es liegen 2 Angebote vor

Angebot 1: 60.000€ inkl. MwSt.
Angebot 2: 55.000€ inkl. MwSt.

-> geschätzter Auftragswert= (60.000+55.000)/2 = 57.500€ inkl. MwSt.

2. Es liegen 3 Angebote vor

Angebot 1: 60.000€ inkl. MwSt.
Angebot 2: 57.000€ inkl. MwSt.
Angebot 3: 50.000€ inkl. MwSt.

-> geschätzter Auftragswert= mittleres Angebot = 57.000€ inkl. MwSt.

3. Es liegen 4 Angebote vor

Angebot 1: 60.000€ inkl. MwSt.
Angebot 2: 57.000€ inkl. MwSt.
Angebot 3: 50.000€ inkl. MwSt.
Angebot 4: 45.000€ inkl. MwSt.

-> geschätzter Auftragswert = (50.000+57.000)/2 = 53.500€ inkl. MwSt.

Bei mehr als 4 und einer ungeraden Anzahl an Angeboten errechnet sich der Schätzwert aus der Summe der Angebote geteilt durch die Anzahl der Angebote, während bei einer geraden Anzahl an Angeboten eine Rangfolge gebildet wird und der Median der beiden mittleren Angebote als geschätzter Auftragswert herangezogen wird.

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VergMan ®: Wir verwenden Kreative und sichere Bewertungssysteme (2): VK Rheinland zu der Frage, ob der Bieter Unschärfen eines abstrakten Wertungssystems hinnehmen muss

 

vorgestellt von Thomas Ax

1. Eine Antragsbefugnis wegen einer fehlerhaften Vorabinformation gem. § 134 GWB entfällt regelmäßig, wenn der Antragsteller fristgerecht einen Nachprüfungsantrag stellen konnte. In diesem Fall ist ein Schaden in der Regel nicht denkbar, da der Inhalt der Vorabinformation keine Auswirkungen auf die Zuschlagschancen eines Bieters hat und der Zweck der Vorabinformation mit der rechtzeitigen Antragstellung erfüllt ist.

2. Enthält eine Bewertungsmatrix für eine Konzeptbewertung alle Angaben dazu, was die einzelnen Konzepte beinhalten sollen und welcher Inhalt zu welcher Bewertung führt, müssen Unklarheiten im Zusammenhang mit den Angaben der Bewertungsmatrix bei Anwendung der üblichen Sorgfalt bereits bei der Angebotserstellung auffallen und daher auch bis zur Angebotsabgabe gerügt werden. Erfolgt die Rüge nach Ablauf der Angebotsfrist tritt Präklusion gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB ein.

3. Der öffentliche Auftraggeber erteilt den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot auf der Grundlage einer Bewertung anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien. Für den öffentlichen Auftraggeber besteht ein von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum. Keinesfalls darf die Vergabekammer die Wertung des öffentlichen Auftraggebers durch eine eigene Wertung ersetzen.

4. Nutzt der öffentliche Auftraggeber für eine Konzeptbewertung ein abstraktes Wertungssystem, steht es einer vergaberechtskonformen Auftragsvergabe nicht entgegen, wenn der Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl abhängen soll.

5. Einem abstrakten Wertungssystem ist eine gewisse Unschärfe immanent, die im Einzelfall, je nach Bewerter, unterschiedliche „Noten“ als richtig erscheinen lassen und bei deren Bewertung subjektive Komponenten im Sinne von Einschätzungen eine wesentliche Rolle spielen.

VK Rheinland, Beschluss vom 12.05.2022 – VK 51/21

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VergMan ®: Wir verwenden Kreative und sichere Bewertungssysteme (1): VK Bund zur der Frage, ob und wie qualitative Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs zu bewerten sind und auch nur bewertet werden können

 

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Angebotswertung muss anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und nachvollziehbar sein. Dies gilt insbesondere auch bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs.

2. Bei einem Konzeptwettbewerb wird den Bietern ein kreativer Freiraum zum Wettbewerb um bestmögliche Lösungsansätze eröffnet. Zur Gewährleistung vergleichbarer Angebote bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen, die vom Auftraggeber im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung vorzusehen sind und die bei der Angebotswertung im Rahmen einer Gesamtschau der Zuschlagskriterien und der übrigen Vergabeunterlagen zu berücksichtigen sind.

3. Der Auftraggeber kann nicht sämtliche denkbaren konzeptionellen Lösungsansätze der Bieter vorhersehen und abstrakt vorab bewerten. Entsprechend sind das Wertungssystem bzw. die Vorgaben, unter welchen konkreten Bedingungen ein Konzept mit welcher Note zu bewerten ist, systemimmanent nicht abschließend bestimmbar und daher kann ein Bieter auch seine Benotung nicht konkret vorhersagen.

4. Aufgrund dieser einem Konzeptwettbewerb immanenten Offenheit für die konzeptionellen Angebote der Bieter ist es auch nicht zu beanstanden, sondern geboten, dass eine relativ vergleichende Bewertung der von den Bietern eingereichten Konzepte nach den bekannt gemachten Bewertungsmaßstäben gleichmäßig vorgenommen wird.

5. Voraussetzung für einen Konzeptwettbewerb mit einer Bewertung anhand eines abstrakt formulierten, offenen Bewertungsmaßstab ähnlich Schulnoten ist, dass die Bieter anhand der Vorgaben der Vergabeunterlagen, insbesondere der Leistungsbeschreibung, erkennen können, worauf der Auftraggeber Wert legt

VK Bund, Beschluss vom 04.04.2022 – VK 2-24/22

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VK Hessen: Reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen (sog. Rüge ins Blaue hinein) erfüllen nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge

 

vorgestellt von Thomas Ax

1. Die Anforderungen an die Darlegung einer Vergaberechtsverletzung bzw. an die Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber dürfen nicht zu hoch angesetzt werden. Ein Mindestmaß an Substanziierung ist jedoch einzuhalten. Reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen (sog. Rüge ins Blaue hinein) reichen nicht aus.
2. Die bloße Behauptung eines Mitbewerbers, der Bestbieter erfülle die Anforderungen der Ausschreibung nicht und sei daher auszuschließen, ohne Anhaltspunkte oder Indizien darzulegen, aus denen er diese Erkenntnis nimmt, erfüllt nicht die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge.
VK Hessen, Beschluss vom 26.06.2023 – 96 e 01.02/23-2023
nachfolgend:
OLG Frankfurt, 20.07.2023 – 11 Verg 3/23

Gründe:

I.

Die Vergabestelle schrieb im offenen Verfahren die Durchführung der Unterhaltsreinigung sowie von Sonderreinigungsarbeiten für die ### Hochschule ###, Gebäude 1 und Gästehäuser 3 und 5 aus (###).

Die Antragstellerin bewarb sich mit einem Angebot vom 23. Februar 2023 auf die o.g. Ausschreibung. Mit Schreiben vom 12. Mai 2023 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt werden könne.

Hiergegen wendete sich die Antragstellerin mit Schreiben an die Vergabestelle vom 16.05.2023, in der sie erläutert, dass sie die Anforderungen der Ausschreibung erfüllt habe, der Bestbieter die Vorgaben jedoch „ganz offensichtlich nicht erfüllt“habe. Dies müsse dazu führen, dass das Angebot des Bestbieters ausgeschlossen wird.

Hierauf erwiderte die Vergabestelle mit Schreiben vom 16. Juni 2023, in dem sie der Antragstellerin mitteilte, dass sie der Rüge nicht abhelfen werde. Die Ausführungen der Antragstellerin seien nicht geeignet, ihre Rüge ausreichend substantiiert zu begründen, da sie einer tatsächlichen Grundlage entbehrten. Der Vortrag der Antragstellerin sei als Rüge ins Blaue hinein unbeachtlich. Die Antragstellerin müsse vielmehr tatsächliche Anhaltspunkte oder Indizien vortragen, welche einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß zu begründen.

Hierauf legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22. Juni 2023 Nachprüfungsantrag ein. In ihrem Antrag erläutert die Antragstellerin, dass der Vortrag der Vergabestelle, es handele sich bei den Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 16. Juni 2023 um eine Rüge ins Blaue, unzutreffend sein. Sie erläuterte weiter, dass die Antragstellerin keinerlei Wissens- und Informationsstand bezüglich des Angebots der Bestbieterin habe, da sie dies schlichtweg nicht kenne. Ihr stünden auch keine weiteren Erkenntnisquellen zur Verfügung.

II.

Der Antrag ist nicht gemäß § 163Abs. 2 Satz 3 GWB an die Vergabestelle zu übermitteln. Er ist offensichtlich unzulässig gem. § 163 Abs. 2 Satz 3 Var. 1 GWB.

1. Der Antrag ist offensichtlich unzulässig. Die Antragstellerin ist bereits nicht antragsbefugt gemäß § 160 Abs. 2 GWB.

Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Die Antragstellerin genügt ihrer hieraus resultierenden Darlegungspflicht nicht. Sowohl in ihre Rüge vom 16. Juli 2023 als auch in ihrem Nachprüfungsantrag stellt die Antragstellerin schlichtweg die Behauptung auf, die Bestbieterin erfülle die Anforderungen der Ausschreibung nicht und sei daher auszuschließen. Anhaltspunkte oder Indizien, aus denen sie diese Erkenntnis nimmt, legt die Antragstellerin hingegen nicht dar.

Der Antragstellerin ist zwar insoweit zuzugestehen, dass sie selbstverständlich keinen Einblick in das Angebot der Bestbieterin sowie insbesondere in dessen Preiskalkulation haben kann. Insoweit können die Anforderungen an die Darlegung eine Vergaberechtsverletzung bzw. einen die Rüge gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nicht zu hoch angesetzt werden (vgl hierzu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020 – Verg 30/19NZBau 2020, 739 Rn. 41, beck-online m.w.N.).

Ein Mindestmaß an Substanziierung ist jedoch einzuhalten; reine Vermutungen zu eventuellen Vergaberechtsverstößen reichen nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.04.2020 – Verg 30/19, a.a.O., beck-online m.w.N.).

Die Antragstellerin versäumt es vollständig, darzulegen, wie sie zu ihrer Schlussfolgerung, die Angebotskalkulation der Bestbieterin sei fehlerhaft, kommt. Sie stellt lediglich die Behauptung in den Raum, dass die Bestbieterin die Anforderungen hinsichtlich des Objektleiters – im Gegensatz zur Antragstellerin selbst- nicht erfüllt habe. Auch wenn die Antragstellerin die Kalkulation der Bestbieterin nicht kennen kann, schließt sie lediglich aus der Tatsache, dass das Angebot der Bestbieterin offenbar preisgünstiger ist, den Rückschluss, dass diese die Angaben hinsichtlich des Objektleiters nicht erfüllt.

Ungeachtet dieser Behauptung, die jegliche tatsächliche Anhaltspunkte vermissen lässt, erläutert die Vergabestelle in ihrer Erwiderung vom 16. Juni 2023 nicht nur, dass die Bestbieterin die Anforderungen hinsichtlich des Objektleiters eben doch erfüllte, sie unternahm daraufhin eine Aufklärung hinsichtlich der in der Rüge aufgestellten Behauptung und kam zu dem Ergebnis, dass keine Zweifel an der Erfüllung der Anforderungen der Ausschreibung durch die Bestbieterin bestünden.

Selbst daraufhin unterlässt es die Antragstellerin, ihre Behauptung, die Bestbieterin habe die Anforderungen hinsichtlich des Objektleiters nicht erfüllt, substantiiert darzulegen. Sie wiederholt in ihrem Nachprüfungsantrag die Vorwürfe aus ihrem Rügeschreiben, geht ansonsten auf die Ausführungen der Vergabestelle, die Bestbieterin habe die Anforderungen erfüllt, kurz ein und stellt wiederum eine unsubstantiierte Behauptung auf, dass die Bestbieterin den Zuschlag „ganz offensichtlich“ mit 0% beziffert habe.

Dieser Vortrag der Antragstellerin erfüllt die Anforderungen an die Darlegung eines Vergaberechtsverstoßes offensichtlich nicht.

2. Gemäß § 182 Abs. 1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Gebühren erhoben.

Die Gebühren auslösende Amtshandlung ist hier schon mit der Prüfung des Antrages gemäß § 163 Abs. 2 Satz 1 GWB durch die Vergabekammer gegeben (Losch in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Auflage 2020, GWB § 182 GWB Rn. 5).

Die Festsetzung der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens, wobei vorrangig vom Wert des Verfahrensgegenstandes auszugehen ist (BGH Beschluss vom 25.10.2011 – X ZB 5/10BeckRS 2012, 2820; OLG Hamburg Beschluss vom 3.11.2008 – 1 Verg 3/08BeckRS 2010, 26820).

Der Aufwand der Vergabekammer ergibt sich hier aus der Prüfung des Nachprüfungsantrages gemäß § 163 Abs. 2 Satz 1 GWB. Gemäß § 182 Abs. 2 GWB beträgt die Gebühr mindestens 2.500 Euro.

a. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles hält die Vergabekammer ein teilweises Absehen von der Erhebung der Gebühren gemäß § 182 Abs. 3 Satz 6 GWB für angebracht. Die Gebühr wird daher aus Gründen der Billigkeit auf 500,- Euro reduziert. Für eine Reduktion um 2.000,- Euro spricht die Tatsache, dass der zeitliche und personelle Aufwand der Vergabekammer angesichts der Nichtübermittlung des Antrages im Vergleich zu einem Weiterführen des Nachprüfungsverfahrens wesentlich geringer war.

b. Nach § 182 Abs. 3 Satz 5 GWB erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen, d.h. die Regelung folgt nicht streng dem Unterliegensprinzip. Es sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (OLG München, Beschluss vom 10. April 2019 – Verg 8/18 -).

Unter Berücksichtigung der im konkreten Fall zu bewertenden Umstände hält die Vergabekammer es für angemessen, der Antragstellerin die Kosten aufzuerlegen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Antragstellerin einen offensichtlich unzulässigen Antrag vorgelegt hat.

Rechtsmittelbelehrung

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VK Sachsen:

 

Mündliche Kommunikation mit Bietern muss hinreichend dokumentiert werden

In sich widersprüchliche Angebote dürfen ohne vorherige Aufklärung des Angebotsinhalts weder bezuschlagt noch ausgeschlossen werden

Verweigerung der Mitwirkung an der Aufklärung kann für sich genommen bereits einen Ausschlussgrund darstellen

1. Ein öffentlicher Auftraggeber ist verpflichtet, die mündliche Kommunikation mit Bietern, die Einfluss auf Inhalt und Bewertung der Angebote haben könnte, in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise zu dokumentieren.
2. In sich widersprüchliche Angebote dürfen ohne vorherige Aufklärung des Angebotsinhalts weder bezuschlagt noch ausgeschlossen werden. Der öffentliche Auftraggeber hat vielmehr den betreffenden Bieter zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufzufordern und ihm Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen.
3. Lässt der Bieter die ihm gesetzte angemessene Frist zur Aufklärung ohne Antwort verstreichen oder legt er lediglich untaugliche Unterlagen vor, oder gibt er untaugliche Antworten, kann dieses Verhalten als Verweigerung der Mitwirkung an der Aufklärung gewertet werden, was für sich genommen bereits einen Ausschlussgrund darstellen kann.
VK Sachsen, Beschluss vom 28.07.2023 – 1/SVK/011-23

Gründe:

I.

Mit Auftragsbekanntmachung vom 10. August 2022 veröffentlichte der Auftraggeber die beabsichtigte Vergabe des Auftrages „Lieferung und Implementierung einer Fachsoftwarelösung zur Unterstützung der digitalen Bearbeitung der Leistungen der unteren Bauaufsichtsbehörde“ im Verhandlungsverfahren. Eine Aufteilung in Lose war nicht vorgesehen. Als Zuschlagskriterien waren gemäß Ziffer II 2.5 zum einen benannt:

Qualitätskriterium, Gewichtung: 60%, Kostenkriterium, Gewichtung: 40%.

Unter II 2.14 Zusätzliche Angaben waren für die Bewertung der Zuschlagskriterien weitere Regelungen verlautbart. Gemäß Ziffer IV 1.5 der Auftragsbekanntmachung hatte er sich zudem das Recht vorbehalten, den Auftrag auf der Grundlage der ursprünglichen Angebote zu vergeben, ohne Verhandlungen durchzuführen. Schlusstermin für den Eingang der Angebote war der 5. September 2022, 10:00 Uhr.

Die Antragstellerin beteiligte sich fristgerecht mit einem eigenen Angebot am Wettbewerb und füllte u. a. dabei auch das Formblatt Leistungskriterien aus. Im Zuge der Angebotswertung wurde sie sodann von dem Auftraggeber zu einer Bieterpräsentation eingeladen, deren Gesprächsführung von einem externen Berater geleitet wurde.

Mit Vorab-Informationsschreiben vom 2. März 2023 wurde der Antragstellerin vom Auftraggeber mitgeteilt, dass der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erfolgen werde. Ihr Erstangebot sei gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 53 Abs. 7 VgV zwingend vom Wettbewerb auszuschließen, weil es verschiedene A-Kriterien nicht erfülle, so beispielsweise FA 14 sowie auch weitere B-Kriterien, in denen die Mindestpunktzahl im Rahmen der geforderten Leistungskriterien nicht erreicht worden sei. Soweit das Erstangebot nicht zwingend auszuschließen gewesen wäre und zuschlagsfähig gewesen wäre, hätte dieses ohnedies lediglich den zweiten Gesamtrang erhalten. Es liege ein wirtschaftlicheres Hauptangebot mit deutlichen Vorteilen im Kriterium der Leistungspunkte vor.

Die Antragstellerin rügte mit E-Mail vom 2. März 2023 sowie mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 9. März 2023 die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung.

Am 3. März 2023 teilte der Auftraggeber mit, dass der Rüge nicht abgeholfen werde, da man nicht von einer Korrekturbedürftigkeit des Vergabeverfahrens ausgehe.

Nach Nichtabhilfe beantragte die Antragstellerin am 9. März 2023 die Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens.

Hierzu beantragte sie u. a. sinngemäß:

1. Dem Auftraggeber wird es untersagt, den Zuschlag zu erteilen.

2. Dem Auftraggeber wird aufgegeben, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Verfahren in den Stand vor Angebotswertung zurückzuversetzen und die Wertung entsprechend der bekanntgemachten Wertungskriterien, nach Maße der Rechtsauffassung der Vergabekammer, zu wiederholen.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass ihr Angebot nicht hätte ausgeschlossen werden dürfen, da es sämtliche Anforderungen erfülle. Unklar bleibe, warum der Auftraggeber ihrem Angebot in mehreren Wertungskriterien keine Punkte zugewiesen habe. Das könne nur darauf zurückzuführen sein, dass die Auswertung der Angebote nicht ordnungsgemäß verlaufen sei, da Kriterien künstlich erweitert worden seien und zudem zuvor nicht verlautbarte Kriterien zur Wertung herangezogen worden seien. Die mangelnde Transparenz bei der Auswertung spreche zudem dafür, dass diese darauf abgezielt hätte, ihr Angebot schlechter zu bewerten, um ein Konkurrenzangebot annehmen zu können. Aufgrund der Überdehnung der Zuschlagskriterien und damit einhergehend der willkürlichen Wertung seien offensichtlich Ermessensfehler zu Lasten der Antragstellerin eingetreten.

So beträfe das Ausschlusskriterium FA 14 die grundsätzlichen Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang. Weder in der Leistungsbeschreibung noch in den weitergehenden Unterlagen würden diese Anforderungen näher beschrieben oder definiert. Insoweit erfülle das Kriterium FA 14 bereits nicht die Anforderungen an Transparenz und Klarheit, die gemäß dem Transparenzgrundsatz bei öffentlichen Vergaben notwendig seien. Vor diesem Hintergrund verwundere es umso mehr, dass die Erfüllung dieses intransparenten Kriteriums ernsthaft in Abrede gestellt werde, da das Produkt der Antragstellerin die grundsätzlichen Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang erfülle.

Die in Rede stehende, nachgewiesene Referenz 1 habe die abgeschlossene digitale Transformation einer unteren Bauaufsichtsbehörde unter Nutzung der angebotenen Fachsoftwarelösung samt weiterer Komponenten erfordert. Diese Anforderungen bedingten gerade, dass die genannte Behörde eine digitale Transformation durchgeführt habe, die u. a. auf einem grundsätzlich digitalen Geschäftsgang, bei welchem Geschäftsgänge digital bearbeitet würden, basiere. Da die Antragstellerin das Eignungskriterium unstreitig erfülle, sei das Kriterium FA 14 ebenfalls als erfüllt anzusehen. Es müsse somit davon ausgegangen werden, dass derjenige, der die Angebote geprüft habe, sich nicht mit den Produkten der Antragstellerin vertraut gemacht habe, oder schlicht ein anderes Produkt haben wollte. Dadurch, dass die grundlegenden Anforderungen vorliegend nachträglich interpretiert und mutmaßlich zugeschnitten worden wären, liege ein Wertungsfehler d.h. ein Ermessensfehlgebrauch vor.

Schließlich sei bei der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens zu erwarten gewesen, dass sich der Auftraggeber um Aufklärung und falls erforderlich, um Nachforderung bemüht hätte, sofern Zweifel hinsichtlich der Produkteigenschaften bestanden hätten. Da dies unterblieben sei, dränge sich der Verdacht auf, dass der Ausschluss in bewusst benachteiligender Weise intransparent erfolgt sei. Im Übrigen stellte das Kriterium gemäß den Vergabeunterlagen auch kein Ausschluss-, sondern ein Bewertungskriterium dar. Zwar heiße es im Formblatt Leistungskriterium unter II. 4 „Wenn für ein Bewertungskriterium […] die Mindestpunktzahl nicht erreicht wird, muss das Angebot ausgeschlossen werden. In der europaweiten Bekanntmachung habe es hingegen geheißen: „Für die als Bewertungskriterium gekennzeichneten Anforderungen werden nach den in der Leistungsbewertungsmatrix definierten Bewertungsmaßstäben und Punktesystemen Leistungspunkte vergeben.“ Gemäß dieser Verlautbarung sei also das Nichterreichen von Mindestpunkten kein Ausschlussgrund.

Ebenfalls sei nicht ersichtlich, warum das Kriterium FA 16 zur digitalen Abbildung von Geschäftsvorgängen nicht erfüllt sein sollte. Dazu solle das angebotene Produkt u. a. das Anbringen von Geschäftsgangverfügungen an Vorgängen oder an digitalen Dokumenten umsetzen können und darüber hinaus in der Lage sein, Geschäftsgangverfügungen anzupassen und an andere Nutzer weiterzuleiten. Die Umsetzung der Erledigung von Geschäftsgangverfügungen sowie eine übersichtliche Darstellung, Filterung, Sortierung und flexible Markierung von Geschäftsgangverfügungen sei ebenfalls erforderlich gewesen. Die Antragstellerin habe angegeben, diese Kriterien vollumfänglich zu erfüllen und habe das auch mit einem entsprechenden Screenshot veranschaulicht und dargelegt.

Das Kriterium FA 33 betreffe das Verwalten von objekt- und ortsbezogenen Informationen. Es sei knapp zu beschreiben, auf welche Weise das angebotene System ein ausschließlich digitales Baulastenverzeichnis führe. Es sollte darauf eingegangen werden, wie Baulastenblätter und die zugehörigen Anlagen in einer oder mehreren rechtskonformen digitalen Akte abgelegt würden. Die Antwort sollte einen groben Überblick darüber geben, wie die Verwaltung eines digitalen Baulastenverzeichnisses in der Praxis erfolge. Es werde darauf verwiesen, dass Denkmäler und Brandschutzobjekte separat gespeichert würden und dass es einen eigenen Anwendungsbereich für Baulasten gebe, der digitale Akten enthalte. Die zur Erreichung von Maximalpunktzahlen erforderliche, knappe Beschreibung sei vorhanden. Hier sei das Kriterium als vollumfänglich erfüllt angegeben worden, eine weitere Erläuterung sei mithin nicht erforderlich gewesen. Letztlich habe sie in ihrer Stellungnahme zum Protokoll darauf hingewiesen, dass die Anforderungen „digitales Baulastenverzeichnis“ erfüllt würden.

Das Kriterium FA 34 habe lediglich die Angabe erfordert, in welchem Umfang die Dokumentation von Bearbeitungszeiten und -unterbrechungen erfüllt würde. Die Antragstellerin habe diesbezüglich eine vollumfängliche Erfüllung angegeben, so dass hier keine weiteren Angaben erforderlich gewesen seien. Es sei unverständlich, warum der Auftraggeber der Meinung sei, dass dieses Kriterium nicht erfüllt sei.

Auch hinsichtlich des Kriteriums FA 57 sei nicht ersichtlich, warum die Antragstellerin dieses angeblich nicht erfüllt habe. Auch hier dränge sich der Verdacht auf, dass die Wertung nicht anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien erfolgt sei.

Anders sei das Wertungsergebnis nicht erklärbar. Zusammenfassend sei festzustellen, dass die Antragstellerin sämtliche Kriterien erfüllt habe.

Auch die Begründung für den vermeintlich erzielten zweiten Rang aufgrund eines angeblich wirtschaftlicheren Hauptangebotes sei intransparent. Sinn und Zweck dieses Vortrages sei, die Antragstellerin von einem Nachprüfungsverfahren abzuschrecken, wissend, dass die Wertung in nicht haltbarer Art und Weise erfolgt sei und einer Nachprüfung nicht standhalten könne. Wenn jedoch die Wertung evident unzutreffend erfolgt sei, sei auch die Feststellung, dass nicht der erste Platz erreicht worden sei, wertlos, denn natürlich würde sich die Punktwertung und somit auch die Rang- und Reihenfolge ändern, wenn, wie vorgetragen, anders gewertet werden müsste und gewertet werden würde.

Die Leistungsbeschreibung sei schließlich auch in unzulässiger Weise auf ein Produkt, nämlich …, der Firma … zugeschnitten, welches hier wohl durch einen Subunternehmer angeboten worden sei. Eine verdeckt produktspezifische Ausschreibung verletze die Antragstellerin in ihrem Recht auf Chancengleichheit.

Letztlich sei darauf zu verweisen, dass der beabsichtigte Zuschlag auf die Beigeladene nicht erteilt werden dürfe, da diese auf ihrer Webseite keine Produkte oder Dienstleistungen im Bereich der Ausschreibung anböte, insbesondere nicht in Bereichen des Baugenehmigungsverfahrens und des digitalen Bauantrages. Außerdem sei festzustellen, dass die Leitung der Präsentation und Ausschreibung einem externen Berater oblegen hätte, der bereits im Vorfeld der Ausschreibung falsche Aussagen über die Arbeit der Antragstellerin getroffen habe und ihr gegenüber negativ eingestellt gewesen sei. Der externe Berater sei somit offensichtlich voreingenommen und habe dadurch eine unfaire Bewertung begünstigt.

Mit Schriftsatz vom 14. März 2023 nahm der Auftraggeber zum Sach- und Streitstand Stellung und beantragte u. a.,

den Antrag der Antragstellerin hinsichtlich des Zuschlagsverbotes abzuweisen.

Ebenso beantragte er,

den Antrag hinsichtlich einer durchzuführenden Neuwertung sowie hinsichtlich der vermeintlichen Voreingenommenheit der Verfahrensbetreuerin ### mangels Beweises abzuweisen.

Zur Begründung legte er dar, dass die Vorträge zu etwaigen Unklarheiten der Leistungskriterien, der Vergabeunterlagen oder deren vermeintlich produktspezifischen Ausgestaltung bereits präkludiert seien, da Inhalte des nunmehr gerügten Vortrages gerade nicht erst durch Übermittlung des Informationsschreibens vom 2. März 2023, sondern bereits anhand der Vergabeunterlagen des Teilnahmewettbewerbes vom 5. August 2022 für einen fachkundigen Bieter hinreichend transparent und offenkundig gewesen seien. Die monierten Punkte seien durch die Antragstellerin nachweislich gerade nicht bis zum Ablauf des Teilnahmewettbewerbes oder der Angebotsphase gerügt worden. Die Einreichung der Rügen vom 2. März und 9. März 2023 sei verfristet, eine Präklusion sei bereits eingetreten.

Es sei zudem darauf zu verweisen, dass die Bewertung anhand der bekannt gemachten Zuschlagskriterien (Leistungspunkte 60% und Kostenpunkte 40%) erfolgt sei. Nach Eingang der Erstangebote sei die Angebotsöffnung am 18. November 2022 erfolgt, woran sich sodann die fachliche Auswertung angeschlossen hätte. Diese vorläufige Auswertung der verbindlichen Erstangebote hätte auch bei der Antragstellerin zu einer konkreten Aufklärung geführt. Entgegen den Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigten sei das Angebot der Antragstellerin bereits mehrfach aufgeklärt worden und dieser sei die Möglichkeit eingeräumt worden, die in Bezug genommenen Punkte konkret zu erläutern. Dies sei auch im Informationsschreiben nach § 134 GWB festgehalten worden, in dem darauf verwiesen worden sei, dass die Ausschlussentscheidung nach erfolgter Angebotsaufklärung erfolgt sei.

Sowohl die Bieterpräsentation als auch die schon dort verabredete nachgelagerte Aufklärung in Textform hätte der weiteren Aufklärung des Angebotes gedient, die Antragstellerin habe hierauf auch fristgerecht am 30. Januar 2023 geantwortet.

Sowohl im Angebot, in den Aussagen während der Bieterpräsentation als auch mit den im verbindlichen Erstangebot eingereichten Verhandlungsvorschlägen sei deutlich geworden, dass die Antragstellerin zum Kriterium FA 14 – entgegen ihren Angaben im Angebot – die vollständige Abbildung des digitalen Geschäftsgangs konzeptionell nicht als Funktion des angebotenen Systems vorsehe und stattdessen davon ausgehe, dass wesentliche Aufgaben der Sachbearbeitung im angeschlossenen ### auszuführen seien. Damit stünden Konzept- und Realisierungsstand des angebotenen Systems im Gegensatz zu den grundlegenden Paradigmen der Leistungsbeschreibung. Im Ergebnis einer sorgfältigen Anforderungserhebung im Bauaufsichtsamt des … sei in der Leistungsbeschreibung gefordert gewesen, dass alle für die vollständige digitale Sachbearbeitung notwendigen Funktionen im angebotenen System verfügbar sein müssten, so dass für die Sachbearbeitenden kein Wechsel der Benutzungsschnittstelle notwendig werde. Diese Paradigmen seien auch von keinem der Mitbewerber in Frage gestellt worden. Infolge des abweichenden Konzeptes der Antragstellerin seien jedoch unverzichtbare Forderungen des digitalen Geschäftsganges aktuell im angebotenen System nicht abgebildet (Zeichnungen, Geschäftsfangverfügung, Kenntnisnahme, Unterscheidung zwischen Entwurf und Reinschrift digitaler Dokumente, etc.). In der Bieterpräsentation habe die Antragstellerin deutlich gemacht, dass eine Umsetzung der Anforderungen der Leistungsbeschreibung technisch möglich wäre, Konzepte dafür müssten jedoch während der Projektlaufzeit zunächst entwickelt und abgestimmt werden. Zudem habe sie alle Weiterentwicklungen dieser Art unter den Vorbehalt gestellt, dass von Seiten des im ### genutzten ### entsprechende Metadatenfelder bereitgestellt würden, ohne dies im Rahmen der Angebotsdarstellung selbstständig geprüft zu haben. Angesichts des prinzipiell abweichenden Anwendungskonzeptes, des notwendigen Konzept- und Entwicklungsaufwandes sowie der Realisierungsvorbehalte seitens der Antragstellerin würde eine anforderungsgerechte Weiterentwicklung des Systems während der Projektlaufzeit erhebliche Risiken in sich bergen. Da die geforderten Funktionen im Rahmen des verbindlichen Erstangebotes hiernach nicht bestünden bzw. auch nicht abgebildet seien, werde die Anforderung folgerichtig als nicht erfüllt gewertet.

Die Anforderungen des Kriteriums FA 14 in der Leistungsbeschreibung verwiesen sowohl auf die Notwendigkeit, die verwaltungsmäßige Bearbeitung von Vorgängen und deren rechtskonforme Dokumentation vollständig digital zu ermöglichen als auch darauf, dass dabei die anerkannten Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltungsarbeit einzuhalten seien. Der Einsatz des von der Antragstellerin angebotenen Systems in anderen Behörden beweise die Erfüllung der in diesem Verfahren gestellten Anforderungen nicht. Bei der Bewertung seien auch keine vergabefremden Kriterien angewendet worden. Auch eine Aufklärung sei nicht unterlassen worden. Der Vorwurf der Bewertung einer in bewusst benachteiligenden Weise werde entschieden zurückgewiesen. Im Übrigen ergäben sich die Anforderungen aus den Unterlagen, die durch die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt vor Angebotsabgabe gerügt worden wären.

Das schriftliche Angebot der Antragstellerin sei inkonsistent und lückenhaft. Deshalb sei in der Bieterpräsentation und in der nachgelagerten Aufklärung in Textform mit besonderer Sorgfalt der Aufklärungsbedarf dargelegt und thematisiert worden, so dass eine objektive und transparente Bewertung des Angebotes möglich gewesen sei. Konsequenz der Aufklärungsergebnisse sei, dass diese ihre teilweise widersprüchlichen Auskünfte und Angaben gegen sich gelten lassen müsse, insbesondere, wenn diese – wie hier – auch im Rahmen der nachgelagerten Aufklärungsmöglichkeit in Textform nicht ausgeräumt werden konnten.

Auch in Bezug auf die Anforderung im Kriterium FA 16 sei das Angebot inkonsistent. Im verbindlichen Erstangebot werde einerseits die Erfüllung der Anforderungen im angebotenen System ohne Einschränkungen zugesichert.

Im Gegensatz dazu sei in der Bieterpräsentation deutlich geworden, dass die Antragstellerin die Umsetzung von Geschäftsgangverfügungen und deren Dokumentation in Metainformationen zu Fällen und Dokumenten nicht als Funktion des angebotenen Systems verstehe und stattdessen auf die Nutzung von ###-Funktionen verweise. Infolgedessen würden wesentliche Aspekte der Anforderungen im angebotenen System aktuell nicht erfüllt (Abbildung von Geschäftsgangverfügungen in Metainformationen zu Fällen und Dokumenten, leistungsabhängige Kataloge von Geschäftsgangverfügungen, effiziente Verwaltung einer großen Zahl von Geschäftsgangverfügungen etc.). In der Bieterpräsentation habe die Antragstellerin erklärt, dass sie die geforderten Funktionen inclusive der Übermittlung der dabei entstehenden Metainformationen in das angeschlossene ### erst während der Projektlaufzeit realisieren würde. Auch hier seien die in den Bewertungen zu FA 14 geäußerten Risiken relevant.

Bezogen auf die Anforderung zum Kriterium FA 33 sei das verbindlichen Erstangebot ebenso inkonsistent, denn in diesem werde die Erfüllung der Anforderung im angebotenen System ohne Einschränkung zugesichert. Im Gegensatz dazu sei in der Bieterpräsentation deutlich geworden, dass zentrale Spezifikationen der Anforderungen im System aktuell nicht abgebildet würden. Insbesondere verfüge dieses nicht über Funktionen zum Anlegen, Verwalten und Nutzen binärischer Verzeichnisse von Objekten, inklusive der zugehörigen Fachinformationen. In der Bieterpräsentation habe die Antragstellerin diese Anforderung als nicht sinnvoll bezeichnet, mit einer Umsetzung während der Projektlaufzeit könne daher nicht gerechnet werden. Zudem werde das digitale Baulastenverzeichnis aktuell nicht in einer digitalen Akte in ### gespeichert, dessen rechtskonforme Umsetzung sei daher aktuell nicht möglich.

Gleiches gelte für das Kriterium Kriterium FA 34. Im verbindlichen Erstangebot werde die Erfüllung der Anforderungen im angebotenen System ohne Einschränkung zugesichert. Im Gegensatz dazu sei in der Bieterpräsentation deutlich geworden, dass das System nicht über Funktionen zur Erfassung, Verwaltung und Auswertung von Bearbeitungsunterbrechungen verfüge. Eine zusammenhängende Auswertung und übersichtliche visuelle Darstellung der Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen werde nicht ermöglicht. Mit einer Umsetzung während der Projektlaufzeit könne nicht gerechnet werden.

Nichts Anderes gelte für das Kriterium FA 57. Hier sei im verbindlichen Erstangebot und in der Bieterpräsentation unklar geblieben, in welchem Maß und wie die Anforderung erfüllt werden würde. Die im Erstangebot enthaltenen Screenshots einer mobilen Anwendung ließen allenfalls einen ersten Prototyp vermuten, nicht aber eine bereits praxistaugliche Systemkomponente. Nach Aussagen der Antragstellerin sei mit der Bereitstellung der Mobilanwendung nicht vor Jahresmitte 2023 zu rechnen. Dies deute einen fortgeschrittenen Arbeitsstand an. Im Gegensatz dazu sei die Antragstellerin jedoch nicht in der Lage gewesen, die Mobilkomponente praktisch zu demonstrieren. Auch die Antwort auf eine entsprechende Aufklärungsfrage enthalte keinerlei Beschreibungen und Illustrationen, wie die geforderten Funktionen umgesetzt werden sollten. Soweit die Antragstellerin also zum Zuschlagskriteriums FA 57 angegeben hatte, dass dieses vollumfänglich erfüllt werde, habe sich im Rahmen der Angebotsaufklärung deutlich gezeigt, dass diese Angabe unzutreffend sei.

Die Feststellungen zu den Wertungsergebnissen zu den zuvor in Bezug genommenen Kriterien FA 16, FA 33, FA 34 und FA 57 hätten den Ausführungen des Informationsschreibens nach § 134 GWB entnommen werden können. Ausweislich der Bekanntmachung vom 10. August 2022 seien die Zuschlagskriterien (Leistungspunkte 60% und Kostenpunkte 40%) transparent bekannt gegeben. Diese ließen sich zudem den jeweiligen Ausführungen der besonderen Bewerbungsbedingungen entnehmen. Außerdem seien sie nochmals als Sonderdokumente „Berücksichtigung der Leistung (Leistungspunkte)“ und „Berücksichtigung der Angebotspreise (Kostenpunkte)“ am Ende der Vergabeunterlagen beigefügt gewesen. Im Informationsschreiben seien die Gründe objektiv und ausreichend dargelegt gewesen. Auf eine vollständige Übermittlung der Einzelbewertung hätten die Bieter nach der herrschenden Rechtsprechung keinen Anspruch.

Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass die vorliegende Leistungsbeschreibung – Ausfluss des dem Vergaberecht vorgelagerten Leistungsbestimmungsrechts des öffentlichen Auftraggebers – sei. Es gehe nicht darum, die Leistung auf einen Anbieter zuzuschreiben, sondern die derzeit auf dem Markt verfügbaren technischen Möglichkeiten mit den Anforderungen der Bedarfsstelle in Einklang zu bringen.

Grundlage der Leistungsbeschreibung resp. der Leistungskriterien sei eine umfassende Erhebung der Anforderungen an die digitale Transformation der Geschäftsprozesse des Bauaufsichtsamts des …, die in allen Details dem Stand der Technik sowie den maßgeblichen rechtlichen und fachlichen Regelungen zur digitalen Aktenführung und zum digitalen Geschäftsgang entsprechen würde. Diese seien beispielsweise im „Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit des Bundes sowie in Fachdokumenten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Landesrechnungshöfe dokumentiert. Leistungsbeschreibung und Leistungskriterien seien bereits mit den Vergabeunterlagen im Teilnahmewettbewerb vom 5. August 2022 für einen fachkundigen Bieter transparent ersichtlich gewesen und hätten sich bis zuletzt auch nicht verändert. Die Wertung sei gemäß § 56 VgV ausschließlich unter Beachtung der verbindlichen Angebotsunterlagen, Aufklärungsergebnisse sowie den transparent bekannt gegebenen Zuschlagskriterien erfolgt. Der Vorwurf, die Wertung sei entgegen den ausdrücklichen Bieterangaben erfolgt, entbehre daher jeder Grundlage.

Mit Beschluss vom 14. April 2023 wurde die Beigeladene zum Verfahren hinzugezogen.

Am 29. März 2023 nahm die Antragstellerin abermals zum Streitstand Stellung und verwies darauf, dass ihr ein uneingeschränktes Recht auf Akteneinsicht zustünde und eine Selektion der Vergabeunterlagen durch den Auftraggeber unzulässig sei. Eine Präklusion der Rügevorbringen etwaig zu den Ausschlusskriterien FA 14 oder FA 57 sei offenkundig nicht eingetreten, da eine Rügepräklusion vor dem Hintergrund des beliebig gefassten Wertungsmaßstabes fernliege. Eine derart willkürliche Wertung sei im Vorfeld nicht erkennbar gewesen, habe auch nicht antizipiert werden können und unterfalle mithin keiner Rügepräklusion.

Sodann führte die Antragstellerin inhaltlich zum Auswertungsvorgang bezogen auf das Kriterium FA 14 aus und brachte ihre Verwunderung zum Ausdruck, dass der Auftraggeber für die Nichterfüllung des Kriteriums FA 14 weitere Ausschlusskriterien und weitere Bewertungskriterien herangezogen habe. Soweit dieser sich damit verteidigt habe, dass es zu diesem Kriterium eine Angebotsaufklärung gegeben habe, so sei nicht erkennbar, dass diese Aufklärung sich auf das Kriterium FA 14 bezogen hatte. Insbesondere das Protokoll verhalte sich nicht zu diesem Kriterium, so dass nunmehr offensichtlich der Versuch unternommen werde, andere B-Kriterien in ein nie vorgesehenes Verhältnis zum Kriterium FA 14 zu setzen, um die Antragstellerin letztlich doch noch ausschließen zu können. Der Umstand, dass der Auftraggeber die Aufklärungen zum Kriterium FA 15 auch auf das Kriterium FA 14 bezogen habe, belege eindeutig, dass der Wertungsmaßstab ermessensfehlerhaft gesetzt wurde / die Wertung ermessensfehlerhaft erfolgt sei und das Verfahren aufzuheben, mindestens aber zurückzuversetzen sei. Sodann wies die Antragstellerin abermals darauf hin, dass sich aus der Homepage der Beigeladenen ergebe, dass diese keine Produkte oder Dienstleistungen im Bereich der Ausschreibungen vorhalte, insbesondere keine solchen zu Baugenehmigungsverfahren, so dass deren Eignung nach wie vor in Frage zu stellen sei.

Die Ausführungen des Auftraggebers zum Bewertungskriterium FA 16, dass in Zweifel zu ziehen sei, dass die Umsetzung der dortigen Funktionen noch während der Projektlaufzeit erfolgen werde, sei unzutreffend. Die von der Antragstellerin im Rahmen der Bieterpräsentation getroffene Aussage, dass eine Umsetzung der Funktionen derzeit nicht möglich sei, lasse nicht den Schluss zu, dass dies auch bis zur Leistungserbringung so bleiben werde, zumal die Antragstellerin zugesichert habe, diese Funktionen umzusetzen. Der Auftraggeber verkenne den maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungserfüllung. Entscheidend sei gerade nicht, dass die erforderlichen Mittel bereits bei Angebotsabgabe zur Verfügung stünden.

Auch zu FA 33 ergänzt und vertieft die Antragstellerin ihre Ausführungen. Hier hätte sie die Baulastenblätter zum Zeitpunkt der schriftlichen Aufklärung bereits als verfügbar erklärt. Infolge dessen sei das Baulastenverzeichnis im Rahmen der schriftlichen Aufklärung zugesichert worden. Daher sei der Einwand des Auftraggebers, dass das Angebot inkonsistent sei, gegenstandslos. Auch zu den Kriterien FA 34 und FA 57 ergänzt und vertieft die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen.

Am 13. April 2023 replizierte der Auftraggeber auf die antragstellerseitige Stellungnahme, wiederholte seinen Rechtsvortrag zur Rügepräklusion und betonte zum Kriterium FA 14, dass es nicht erforderlich gewesen sei, darüber zu spekulieren, was unter den Kriterien zu verstehen sei, denn die Leistungsbeschreibung habe unzweifelhaft folgendes gefordert:

„Das System muss die verwaltungsmäßige Bearbeitung von Vorgängen und deren rechtskonforme Dokumentation vollständig digital ermöglichen. Dabei sind die anerkannten Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltungsarbeit einzuhalten.“

Daraus lasse sich ableiten, dass das System selbst, also nicht das Dokumentenmanagementsystem oder eine andere Anwendung des Systemkontextes, die Anforderung FA 14, also die verwaltungsmäßige Bearbeitung von Vorgängen und deren rechtskonforme Dokumentation, vollständig digital ermöglichen können müsse, und nicht lediglich in Teilen. Dahingegen sei sowohl in der Bieterpräsentation als auch aus dem verbindlichen Erstangebot deutlich geworden, dass die Antragstellerin diese vollständige Abbildung des digitalen Geschäftsganges konzeptionell nicht als Funktion des von ihr anzubietenden Systems verstanden hatte, sondern stattdessen davon ausgegangen sei, dass wesentliche Aufgaben vielmehr im ### auszuführen seien. Das widerspreche jedoch dem Kriterium FA 14. In der eigenen Produkterläuterung habe die Antragstellerin bezüglich des digitalen Geschäftsvorganges Folgendes ausgeführt:

„Wir bieten die Anbindung des ###-Systems, also ablegen, abrufen und löschen von Dateien sowie das ändern von Meta-Daten. Darüber hinaus das digitale Signieren von Dateien. Weiterführende Funktionen sollten über den ###-Client genutzt werden, da wir sonst ein technisch sehr aufwendiges System bekommen und Funktionen doppelt realisieren. Diese Funktionen werden über das ###-System ### der Firma ### umgesetzt. Diese Funktionen sind im System ### vollumfänglich verfügbar.“

Zum Kriterium FA 33 wies der Auftraggeber sodann darauf hin, dass hier das rechtskonforme Führen eines digitalen Baulastenverzeichnisses verlangt gewesen sei. Sofern die Antragstellerin wiederholt darauf verweise, dass sie digitale Baulastenblätter habe anbieten können, so sei danach nicht gefragt gewesen. Baulastenblätter seien Einzeldokumente. Aus der Angabe allein, dass digitale Baulastenblätter als sogenannte digitale Dokumente angeboten werden könnten, lasse sich in keiner Weise ableiten, ob das angebotene System in der Lage sei, ein digitales Baulastenverzeichnis rechtskonform zu führen. Insoweit sei auf die Bewertung der Anforderung FA 33 zu verweisen, die wiederum im Nichtabhilfeschreiben vom 14. März 2023 bereits detailliert erläutert worden sei.

Die Anforderung FA 34 definiere, dass das Kernsystem über manuelle und automatisierte Möglichkeiten verfügen müsse, die Bearbeitungszeiten eines Falls einer Verwaltungsleistung zu erfassen und übersichtlich visuell darzustellen.

Weiter werde definiert, dass neben Bearbeitungszeiten in der federführenden Organisationseinheit und anderen Dingen auch und vor allem Bearbeitungsunterbrechungen, die durch Verwaltungskunden verursacht wurden, erfasst würden. In der Bieterpräsentation sei deutlich geworden, dass Bearbeitungsunterbrechungen derzeit im angebotenen System nicht verwaltet und stattdessen lediglich situationsabhängig fortgeschrieben werden würden. Bearbeitungsunterbrechungen könnten also nicht erfasst werden und damit zwangsläufig auch nicht übersichtlich visuell dargestellt werden. Darüber hinaus sei von der Antragstellerin in der Bieterpräsentation die zusammenfassende, d.h. übersichtliche visuelle Darstellung aller in der Anforderung genannten Bearbeitungszeiten und Unterbrechungen im angebotenen System verneint worden. Entsprechend dieser Einschränkungen sei die Bewertung zum Kriterium FA 34 vorgenommen worden. Das Kriterium sei sodann in Textform im Nachgang zur Bieterpräsentation aufgeklärt worden. Die Antwort der Antragstellerin auf die Aufklärungsanfrage in Textform enthalte bereits offensichtlich nur eine reine Wiederholung der Angaben aus dem verbindlichen Erstangebot, jedoch keine neue Beschreibung und Illustrationen, wie die geforderten Funktionen umgesetzt werden sollen. An diesem Sachverhalt habe auch die sodann angebotene Präsentation für Mitte Februar nichts mehr ändern können, da der Antragstellerin bereits zweimal und damit ausreichend die Möglichkeit gegeben worden sei, den Sachverhalt aufzuklären.

Abschließend verwies der Auftraggeber darauf, dass er bisher an keiner Stelle seiner Schriftsätze erwähnt habe, dass die Nichterfüllung eines B-Kriteriums im verbindlichen Erstangebot der Antragstellerin zu einer Bewertung mit null Punkten geführt habe. Es sei jedoch nochmals ausdrücklich zu betonen, dass die Antragstellerin mit ihrem verbindlichen Erstangebot die Anforderungen des Kriteriums FA 14 gerade nicht erfüllt habe.

Am 26. Mai 2023 retournierte die Antragstellerin hierzu unter Wiederholung des bisherigen Vortrags zur Rügepräklusion und zur Bewertung des Kriteriums FA 14. Sodann fokussierte sie sich auf den Vortrag, dass die Bieterpräsentation in unzulässiger Weise in die Wertung eingeflossen sei sowie darauf, dass der Auftraggeber seiner Dokumentations- und Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei, da jedenfalls aus den vorgelegten Unterlagen die Begründung der allgemeinen Punktvergabe nicht nachvollziehbar sei. Zweifelhaft sei auch, ob und wie überhaupt die Höchstpunktzahl erreicht werden konnte. Sodann ging sie kriterienkonkret auf die jeweils vergebene Punktzahl ein und bewertete diese im Ergebnis als nicht plausibel, nicht transparent und nicht nachvollziehbar.

Am 16. Juni 2023 erteilte die Vergabekammer sodann einen rechtlichen Hinweis zu den Erfolgsaussichten des Vergabenachprüfungsverfahrens.

Die Beigeladene beteiligte sich nicht schriftsätzlich am Nachprüfungsverfahren, wohl hat sie an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und sich in dieser mit vereinzelten sachlichen Einwendungen zu Wort gemeldet.

In der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2023 wurde der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Die Vergabeunterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Die Antragstellerin stellte ihre Anträge aus dem Antragsschriftsatz vom 9. März 2023.

Der Auftraggeber stellte seine Anträge aus dem Schriftsatz vom 14. März 2023.

Die Beigeladene erklärte, keinen eigenen Antrag stellen zu wollen.

Am 29. Juni 2023 nahm der Auftraggeber sodann zu der durchgeführten mündlichen Verhandlung Stellung und hielt fest, dass der antragstellerseitige Vortrag, dass die Vergabeunterlagen widersprüchlich und nicht deckungsgleich seien, präkludiert sei. Anschließend erläuterte er, warum im streitgegenständlichen Verfahren der Termin zur Bieterpräsentation konzipiert und umgesetzt worden sei. Hierzu führte aus, dass nach Öffnung der Angebote und deren erster fachlich Auswertung sich mit Blick auf das Angebot der Antragstellerin, bereits konkrete Aufklärungsbedarfe ergeben hätten, die in den Kommentarfeldern zu den einzelnen Fachkriterien klar thematisiert worden seien. Die jeweils vermerkte Punktevergabe, sei zu dem Zeitpunkt weder verbindlich noch abschließend gewesen. Diese Dokumente hätten einzig der Einschätzung der Angebotslage vor dem Hintergrund einer möglichen Bezuschlagung eines verbindlichen Erstangebotes und zur entsprechenden Einordnung der Ausgestaltung der anstehenden Präsentationstermine gedient.

56Nachfolgend seien die Präsentationen durchgeführt worden jeweils ohne Verhandlungen. Im Termin ad hoc nicht aufklärbare Punkte seien im Rahmen von nachgelagerten Aufklärungen in Textform erneut behandelt worden und seien (vollständig) protokolliert und durch die Bieter nachträglich durch Gegenzeichnung bestätigt worden. Nach Berücksichtigung und Auswertung der fristgerecht eingegangenen Aufklärung zu Rückmeldungen sei dann die finale Prüfung und Wertung der verbindlichen Erstangebote erfolgt.

Am 14. Februar 2023 sei auch die Entscheidung getroffen worden, auf Grundlage der verbindlichen Erstangebote den Auftrag vergeben zu wollen und auf Verhandlungen zu verzichten. Diese Entscheidung sei in der Folge auch allen Bietern mitgeteilt worden.

Terminschwerpunkt der Bieterpräsentation sei die Aufklärung gewesen. Auch die technische Vorbereitung auf den Termin habe unzweifelhaft diese Handschrift getragen. Sinn und Zweck der Bieterpräsentation, die als solche nicht bewertet werden sollte und wurde, sei gewesen, dass die Bieter auf konkrete Aufklärungsfragen sowohl mündlich und unterstützend durch die Livedemonstrationen oder Screenshots Auskunft hätten geben können und sollen. Bezogen auf die Präsentation der Antragstellerin habe sich im Verlauf des Termins herausgestellt, dass diese verschiedene Punkte nicht ad hoc, auch nicht via Livedemonstration, habe aufklären können, weshalb zusätzlich die nachgelagerte Aufklärung in Textform vorgesehen war. Die LiveDemonstration einer Software lasse sich nicht in Form eines verschriftlichten Protokolls festhalten. Insoweit fänden sich im Protokoll zur Präsentation keine positiven oder negativen Aspekte der Live-Demonstration, da diese nicht wertungserheblich gewesen seien. Im Übrigen gäbe es auch keine vergaberechtliche Verpflichtung zu einer stenografischen Protokollierung oder akustischen Aufzeichnung von Bieterpräsentationen.

Schließlich betonte der Auftraggeber, dass er sich mit seiner Wertung im Bereich der Leistungspunkte vollständig im Rahmen der vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe bewegt habe. Diese ließen sich dem Formular „Leistungskriterien“ unter I und II entnehmen. Sodann äußerte er zu FA 14, dass dieses Leistungskriterium zur zusammenfassenden Bewertung der Eignung des angebotenen Systems einen vollständig digitalen Geschäftsgang entsprechend der anerkannten Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltungsarbeit abbilden zu können, diene. Dabei würden zwei zentrale Anforderungen besonders betont: einerseits die vollständig digitale verwaltungsmäßige Bearbeitung von Vorgängen, andererseits deren digitale rechtskonforme Dokumentation. Was als Geschäftsgang zu verstehen sei, erläuterte der Auftraggeber sodann umfangreich und formulierte zum wiederholten Male seine Bewertung. Die Vergabekammer hat die diesbezüglichen Ausführungen gelesen und bewertet.

Ebenso hat die Vergabekammer die Ausführungen zum Kriterium FA 16 gelesen und bewertet, insbesondere, soweit ausgeführt wurde, dass die Bewertung mit einem Wertungspunkt daraus resultiere, dass zumindest Teilaspekte der Weiterentwicklung, etwa der Dokumentation von Geschäftsfangverfügungen, in Metainformationen oder digitalen Akten realisierbar erschienen.

Sodann bekräftigte der Auftraggeber abermals seine vorgenommene Bewertung zum Leistungskriterium FA 33, welche Funktionen zum Erfassen und Verwalten von Informationen über Objekte, die in einem fachlichen Zusammenhang mit einem Fall stehen, erfasse. Diese Anforderungen könnten nicht dadurch umgesetzt werden, dass der Bieter für solche Objektverzeichnisse jeweils manuell und kostenpflichtig spezifische Datenbankstrukturen anlege und Erfassungsmasken programmiere. Vielmehr müsse das System über Funktionen verfügen, die es der hauseigenen Fachadministration ermögliche, solche Objektverzeichnisse selbst zu definieren, anzulegen und für die Nutzung durch Sachbearbeitende bereitzustellen. Solche Funktionen würden als generisch, das heißt fachneutral, bezeichnet werden. Die Antragstellerin habe jedoch im Gegensatz zu allen Mitbewerbern die Umsetzung solcher Funktionen explizit abgelehnt. So würde aus dem Protokoll vom 31. Januar 2023, Ziffer 27, deutlich, dass die Antragstellerin hier gerade kein zusicherndes Angebot zur Umsetzung im Rahmen des Projektverlaufes gemacht habe.

Die zusammenfassende Bewertung der Anforderungen FA 33 mit nur einem Wertungspunkt resultiere einerseits aus dem Vorhandensein von Funktionen zur Erfassung und Verwaltung von Baulastinformationen, andererseits aus der zugesicherten und als möglich gewerteten Weiterentwicklung zur Abbildung des Baulastenverzeichnisses in einer X-Akte. Eine Bewertung mit zwei Wertungspunkten sei nicht möglich gewesen, da die Umsetzung generischer Objektverzeichnisse vom Bieter abgelehnt worden sei, und zwar explizit.

Zum Leistungskriterium FA 34 fokussierte sich der Auftraggeber u. a. auf die Erläuterung der Aussage der Antragstellerin, dass zwar eine zusammenfassende Visualisierung von Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen aktuell nicht möglich sei, stattdessen aber Fristen situationsabhängig fortgeschrieben werden könnten. Hierzu wurde erläutert, dass Bearbeitungsunterbrechungen Zeiträume beträfen, in denen die Bauaufsichtsbehörde die Sachbearbeitung aus nicht selbst verschuldeten Gründen – etwa wegen fehlender Mitwirkung des Antragstellers, Warten auf Herstellung von Baurecht, etc. – nicht fortsetzen könne. Die Bearbeitungsunterbrechung müsse hinsichtlich des betreffenden Zeitraumes und des Grundes für die Unterbrechung nachgewiesen werden können. Das angebotene System der Antragstellerin bilde die Informationseinheit Bearbeitungsunterbrechung nicht ab. Es verfüge daher auch nicht über die Möglichkeit, Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen zusammenhängend darzustellen. Eine Weiterentwicklung des Systems zur Bearbeitung dieser Funktionen sei vom Bieter nicht angeboten worden. Die im Aufklärungsprotokoll erwähnte situationsabhängige Fortschreibung von Fristen ersetze diese Funktionen nicht, denn dabei würde lediglich ein Zeitpunkt (Frist) überschrieben, nicht jedoch eine Dauer inklusive des Unterbrechungsgrundes erfasst. Visualisierungsfunktionen seien davon ohnehin nicht berührt. Die auftraggeberseitige Bewertung mit einem Wertungspunkt resultiere aus der Verfügbarkeit von Terminen und Fristdaten, die Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung hin zur Verwaltung und Auswertung von Informationen oder Zeiträumen darstellen könnten.

Zum Leistungskriterium FA 57 wiederholte der Auftraggeber, dass die Antragstellerin entgegen der Aufforderung in der Einladung zum Gespräch, die Mobilkomponente für dieses Feature nicht habe demonstrieren können, weshalb Zweifel am Vorhandensein einer anforderungsgerechten Komponente nicht ausgeräumt werden konnten. Dennoch sei ihr die Möglichkeit gewährt worden, durch eine schriftliche Antwort auf eine Aufklärungsanfrage Aussagen zum Leistungsumfang der angebotenen Lösung in Bezug auf die spezifizierten Detailanforderungen zu tätigen. Diese Möglichkeit habe sie jedoch ungenutzt verstreichen lassen und habe stattdessen die Anforderungen der Leistungsbeschreibung nahezu wortgleich aufgelistet und habe diese im Punkt „Offline-Erfassungen von Bild- und Audioinformationen“ sogar noch dahingehend aufschiebend bedingt eingeschränkt, dass eine entsprechende Technik verfügbar gemacht werde. Dabei sei die Anforderung: „Automatisiertes Übertragen von offline-erstellten Dokumenten und Informationen in die digitale Akte“ ausgelassen worden, so dass vermutet werden müsse, dass diese Anforderung nicht umgesetzt werde. Die zusammenfassende Bewertung des Kriteriums FA 57 mit einem Wertungspunkt berücksichtige bereits zu Gunsten der Antragstellerin, dass erste konzeptionelle und technische Lösungsansätze für die Umsetzung der Mobilanwendung vermutet werden konnten. Zur Verfahrensdokumentation seien zusätzlich auch das Nichtabhilfeschreiben, die Stellungnahmen sowie die Vorträge in der mündlichen Verhandlung entsprechend zu berücksichtigen. Sodann führte der Auftraggeber zu einer hypothetischen Rückversetzung des Vergabeverfahrens bzw. zu einer hypothetischen Alternativwertung aus.

Ein letzter Schriftsatzaustausch erfolgte sodann am 6. und 7. Juli 2023. Auf sämtliche ausgetauschten Schriftsätze, auch soweit sie im Sachbericht nicht oder nicht vollumfänglich wiedergegeben sein sollten, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die vorgelegte Vergabeakte wird ergänzend Bezug genommen.

Die Frist zur Entscheidung wurde gemäß § 167 Abs. 1 Satz 2 GWB durch Verfügungen der Vorsitzenden mehrfach verlängert.

II.

Der Antrag auf Nachprüfung ist zulässig (1.), aber im Ergebnis unbegründet. (2.).

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

1.1. Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Einrichtung, Organisation Vergabekammern des Freistaates Sachsen (SächsVgKVO) für den Antrag zuständig.

1.2. Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet den maßgeblichen Schwellenwert, § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 a) der RL 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 a) der delegierten Verordnung (EU) 2021/1952.

Der maßgeblichen Schwellenwert für öffentliche Dienstleistungsaufträge beträgt gemäß § 106 Abs. 1 GWB i. V. m. Artikel 4 c) der RL 2014/24/EU i. V. m. Artikel 1 Abs. 1 c) der delegierten Verordnung (EU) 2021/1952 215.000 EUR. Der Auftraggeber hat in den Vergabeunterlagen einen geschätzten Auftragswert von über 300.000 EUR angegeben, der also den Schwellenwert unproblematisch übersteigt.

1.3. Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.

Nach § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag zulässig, wenn ein Unternehmen ein Interesse am Auftrag hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend macht.

Diesem Erfordernis ist genügt, wenn mit dem Nachprüfungsantrag eine Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften schlüssig vorgetragen wird. Darüber hinaus ist es gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB erforderlich, dass mit dem Nachprüfungsantrag auch dargelegt wird, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Ein Interesse am Auftrag im Sinne von § 160 Abs. 2 GWB liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn sich der Bieter an der Ausschreibung beteiligt und ein ernst zu nehmendes Angebot abgegeben hat (Möllenkamp in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB Vergaberecht, 4. Aufl. 2016, § 160 GWB Rn. 43).

Vorliegend hat die Antragstellerin vorgetragen, dass unklar bleibe, warum der Auftraggeber ihrem Angebot in mehreren Wertungskriterien keine Punkte bzw., soweit B-Kriterien betroffen gewesen seien, nicht die Mindestpunktzahl zugewiesen habe. Soweit dadurch ihr Angebot aus dem Wettbewerb ausgeschlossen werde, sehe sie sich in ihren Rechten auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gemäß § 97 Abs. 6 GWB verletzt.

Mit diesem Vortrag hat die Antragstellerin in ausreichendem Umfang ihre Antragsbefugnis dargetan.

1.4. Rügeverpflichtung gem. § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB

Die Antragstellerin hat die mit diesem Vergabenachprüfungsantrag geltend gemachten Vergaberechtsverstöße überwiegend rechtzeitig gerügt.

Soweit sich die Antragstellerin mit dem Vergabenachprüfungsantrag grundsätzlich gegen den Ausschluss ihres Angebots wendet, so hat sie diesen auf das entsprechende Informationsschreiben vom 2. März 2023 am 2. März 2023 sowie mit weiterem anwaltlichen Schreiben vom 9. März 2023 rechtzeitig nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB gerügt.

Danach ist ein Antrag unzulässig, soweit ein Antragsteller einen Verstoß gegen Vergabevorschriften im Vergabeverfahren erkannt und nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat. Diese Frist ist unstreitig eingehalten.

Sodann war, worauf der Auftraggeber wiederholt verwiesen hat, durch die Vergabekammer zu prüfen, ob eine Präklusion von Einwendungen nach § 160 Abs. 3 S. 3 vorliegt, wonach Vergaberechtsverstöße die aus Vergabeunterlagen erkennbar sind, bis zur Angebotsabgabe zu rügen gewesen wären.

Richtig ist, dass die Beachtung der Rügeobliegenheit für jede im Vergabenachprüfungsverfahren erhobene Beanstandung einzeln zu prüfen ist. Gegenstand einer Rüge nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist dabei stets der Rechtsverstoß, der in einer dem Antragsteller zur Kenntnis gelangten Vergabeentscheidung des Auftraggebers oder in der Auftragsvergabe zum Ausdruck kommt. Vorliegend wendet sich die Antragstellerin gegen die ihres Erachtens rechtsverletzende Auslegung und Bewertung einzelner Kriterien, auf deren Basis, ihr Angebot sodann ausgeschlossen wurde.

Nach Auffassung der Vergabekammer war vorliegend erst mit Erhalt des Vorabinformationsschreiben gemäß § 134 GWB erkennbar, wie der Auftraggeber die verlautbarten Zuschlagskriterien, insbesondere das streitbefangene Ausschlusskriterium FA 14 verstanden wissen wollte und auslegte.

Das Kriterium FA 14 lautete:

„Grundlegende Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang Das System muss die verwaltungsmäßige Bearbeitung von Vorgängen und deren rechtskonforme Dokumentation vollständig digital ermöglichen. Dabei sind die anerkannten Grundsätze einer ordnungsgemäßen Verwaltungsarbeit einzuhalten.“

Was genau unter „grundsätzliche Anforderungen“ oder der angesprochenen „verwaltungsmäßigen Bearbeitung“ resp. den zitierten „anerkannten Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltungsarbeit“ verstanden werden sollte, wurde in der Leistungsbeschreibung nicht weiter definiert. Die zitierten Anforderungen erwecken jedoch nach dem Verständnis der Vergabekammer allesamt den Eindruck, dass sie Oberbegriffe darstellen die allenfalls die grundsätzliche Herangehensweise an die Arbeitsaufgabe skizzieren, so dass ein Bieter mit seiner Antwort und seinen Konzepten auch lediglich dieses allgemeine Level zu umschreiben und zu erfüllen hatte.

Es ist darauf zu verweisen, dass eine für fachkundige Bieter nicht ohne Weiteres erkennbare Unklarheit in der Leistungsbeschreibung dazu führt, dass diese ihrem Angebot ein fachlich vertretbares Verständnis der Ausschreibungsunterlagen zugrunde legen dürfen, ohne sich der Gefahr eines Angebotsausschlusses auszusetzen oder der Gefahr eines „anderweitigen Verständnisses“ von Bewertungskriterien (VK Sachsen, Beschluss vom 03.05.2016 – 1/SVK/005-16; OLG Frankfurt, Beschluss vom 2. 12. 2014 – 11 Verg 7/14; VK Bund, Beschluss vom 9. März 2012 – VK 2-175/11).

Folglich war der Antragstellerin vorliegend zuzubilligen, dass sie erst mit Erhalt der Bewertungsergebnisse Kenntnis vom Wertungsverständnis des Auftraggebers erlangte und erst dann mit ihrem Verständnis abgleichen und sodann Kenntnis von etwaigen Vergaberechtsverstößen erhalten konnte. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin war nicht präkludiert.

Soweit die Antragstellerin jedoch erstmalig im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens monierte, dass die Leistungsbeschreibung auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten sei, welches hier mutmaßlich durch einen Subunternehmer angeboten worden sei, ist der Nachprüfungsantrag in diesem Punkt mangels rechtzeitiger Rüge gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB unzulässig Gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 GWB müssen Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Angebotsabgabe bzw. Bewerbung im Teilnahmewettbewerb gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden. Bei der Feststellung der Erkennbarkeit wird nach herrschender Meinung auf einen objektiven Maßstab abgestellt. Beim Maßstab der Erkennbarkeit ist nicht auf den Vergaberechtsexperten, sondern auf diejenigen abzustellen, die Adressaten der Bekanntmachung sind, nämlich die fachkundigen Bieter; diese prägen den objektiven Empfängerhorizont, aus dem die Erkennbarkeit zu beurteilen ist (vgl. BGH Urteil vom 03.04.2012, X ZR 130/10) OLG Celle, Beschluss v. 03.07.2018 – Verg 2/18; VK Lüneburg, Besohl. v. 14.05.2018 – VgK-11/2018; Hofmann in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht, § 160, Rdnr. 70, m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs konnte im hier zu entscheidenden Verfahren festzustellen, dass der monierte, etwaige Zuschnitt der Leistungsbeschreibung auf ein bestimmtes Produkt erkennbar war und bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe hätte gerügt werden müssen. Das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin war präkludiert.

1.5. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

Der Antrag entspricht des Weiteren auch den Anforderungen an Form und Inhalt nach § 161 GWB.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.

Im Ergebnis der Überprüfung des Vergabeverfahrens hat der Auftraggeber das Angebot der Antragstellerin zu Recht von der Wertung und damit vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Die Nichtberücksichtigung des Angebotes stellt sich nach Auffassung der Vergabekammer als vergaberechtskonform dar.

Die Antragstellerin wehrt sich mit dem vorliegenden Vergabenachprüfungsantrag dagegen, dass ihr Angebot vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde. Zur Begründung des Ausschlusses hatte der Auftraggeber darauf verwiesen, dass nach Prüfung und Wertung gemäß § 56 ff. VgV sowie erfolgter Angebotsaufklärung das verbindliche Erstangebot aufgrund der Nichterfüllung eines A-Kriteriums (FA14) sowie des Nichterreichens der Mindestpunktzahl bei 4 BKriterien (FA16, FA33, FA34, FA57) zwingend auszuschließen sei.

– Zum Ausschlusskriterium FA14

Das Angebot der Antragstellerin wurde zum einen aufgrund der Nichterfüllung des A-Kriteriums (FA14) ausgeschlossen. Das Kriterium FA 14 definiert ausweislich der Leistungsbeschreibung Seite 29 „Grundsätzliche Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang“ und ist eines von mehreren, dass unter der Kapitelüberschrift: „II.4.1.5 Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang“ aufgelistet ist. Ihm folgen weitere Kriterien, wie bspw. „[FA15] Digitale Abbildung von Zeichnungen“, „[FA16] Digitale Abbildung von Geschäftsgangverfügungen“ oder auch „[FA17] Digitale Abbildung von Vermerken“. Auffällig ist dabei mehreres.

Zum einen ist festzustellen, dass im Kapitel „II.4.1.5 Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang“ der Leistungsbeschreibung einzig das Kriterium FA 14 als ausschlussrelevantes A-Kriterium ausgestaltet ist, die nachfolgenden Kriterien FA 15 – FA 19 sind sodann lediglich als B-Kriterien ausgestaltet, bei denen der Bieter die Mindestanzahl von 2 Punkten von insgesamt möglichen 4 Bewertungspunkten erzielen musste.

Zum anderen ist festzustellen, dass einzig das Kapitel FA 14 mit einem knappen Obersatz arbeitet, der die hier zu erfüllenden Anforderungen umreißt. Alle anderen Kriterien sind wesentlich detaillierter ausgestaltet und enthalten nahezu alle eine Ausformulierung der zu erfüllenden Anforderungen die alle gleichlautend wie folgt eingeleitet werden: „[…] Dabei gelten die nachfolgend beschriebenen Anforderungen“, gefolgt von jeweils konkreten Vorgaben wie:

„Das System muss … abbilden. Das System muss … ermöglichen. Das System muss über … verfügen.“

Im Gesamtkontext erweckt die Konstellation von FA14 den Eindruck, dass dieses Kriterium lediglich die nicht näher spezifizierten Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang quasi als „Präambel“ vorwegnimmt. Die konkrete Ausgestaltung folgt sodann themenbezogen für die digitale Abbildung von Zeichnungen, die digitale Abbildung von Vermerken oder bspw. für die digitale Ausfertigung von Verwaltungsakten.

Sodann ist festzustellen, dass auch das im Zuge der Angebotsabgabe auszufüllenden Formular Leistungskriterien diese Differenzierung zwischen oberflächlicher und ausführlicher Ausformulierung der Anforderungen abbildet. Für das ausschlussrelevante Kriterium FA 14 ist hier lediglich der Kriterienname „Grundsätzliche Anforderungen an den digitalen Geschäftsgang“ abgebildet, wohingegen die anderen Kriterien noch mit weiteren Erläuterungen untersetzt waren.

Im ausgefüllten Formular Leistungskriterien hatte die Antragstellerin sodann durch Anklicken des entsprechenden Platzhalterfeldes angegeben, dass sie das Kriterium FA 14 „vollumfänglich“ erfülle. Screenshots zum Nachweis des behaupteten Erfüllungsgrades waren an dieser Stelle nicht gefordert.

Der Auftraggeber hatte nach der vorgelegten Vergabedokumentation sodann am 29. November 2022 eine erste tabellarische Auswertung der eingegangenen Angebote vorgenommen. Ausweislich des Dokumentes, in dem die Bewertung des Angebotes für die Antragstellerin festgehalten war, heißt es zu dem Kriterium FA 14 „erfüllt“. In der Begründungsspalte, in der für andere Kriterien Kritikpunkte festgehalten waren, war hier nichts weiter vermerkt.

Am 30. November 2022 wurde die Antragstellerin sodann zu einer Präsentation / 1. Verhandlungsrunde eingeladen. Dem Einladungstext war u.a. zu entnehmen, dass zunächst vor allem eine ausführliche Bieterpräsentation vorgesehen sei. Zweck der Präsentation sollte die Aufklärung über das Angebot sein. Zudem sollte den teilnehmenden Beschäftigten des Bauaufsichtsamtes ein umfassender Einblick in die angebotene Lösung ermöglicht werden. Explizit wurde betont, dass die Präsentation, wie bereits in den Vergabeunterlagen mitgeteilt, nicht wertungsrelevant sein würde. Explizit heißt es hier aber auch:

„Anschließend ist vorgesehen, die Leistungskriterien in der durch die Leistungsbeschreibung vorgegebenen Reihenfolge zu besprechen. Bitte bereiten Sie dazu entsprechende Live-Demonstrationsszenarien vor – auch in Bezug auf Schnittstellenaufgaben, wobei dort ggf. auf Screenshots von Best-Practice-Szenarien zurückgegriffen werden kann.“

Am 20. Januar 2023 fand sodann die Bieterpräsentation statt, über die auch ein Protokoll geführt wurde. Dass in dieser Bieterpräsentation mit Bezug auf das Kriterium FA14 Gespräche geführt wurden, ist jedoch dem Bieterprotokoll nicht zu entnehmen. Eine schriftliche Anforderung von Informationen zur Angebotsaufklärung gibt es zum Kriterium FA14 – im Gegensatz zu anderen Kriterien nicht. Ebenso war der Vergabeakte nicht eine Datei zu entnehmen, anhand derer die Vergabekammer die Inhalte der Bieterpräsentation hätte nachvollziehen können.

Auf Fragen und Vorhalt der Vergabekammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass sie der übergebenen Vergabeakte keine Power-Point-Präsentationen o.ä. habe entnehmen können, entgegnete der Auftraggeber, dass die Präsentationen nicht gewertet werden sollte. Deshalb seien die einzelnen Präsentationen auch nicht übergeben worden. Der Auftraggeber stellte vielmehr klar, dass die Präsentationen keine verifizierende Teststellung oder Ähnliches gewesen sei, so dass es vor dem Hintergrund nicht wichtig gewesen sei, wie die Präsentation inhaltlich abgelaufen sei.

Auf der so vorgefundenen Aktenlage und der im Rahmen der mündlichen Verhandlung abgegebenen Begründungen ist für die Vergabekammer schlicht nicht nachvollziehbar, wieso sodann im Dokument „Bewertung Leistungskriterien | Abschließende Bewertung des verbindlichen Erstangebots“ die Erfüllung des A-Kriteriums mit „nicht erfüllt“ bewertet wurde. Noch weniger ist ergründbar, woher die Argumente stammen, auf die der Auftraggeber seine Bewertung gestützt hat. In der Tabellenspalte „Begründung der Bewertung“ heißt es wie folgt:

„Der Bieter versteht die Abbildung des digitalen Geschäftsgangs konzeptionell nicht als Funktion des angebotenen Systems und geht stattdessen davon aus, dass wesentliche Aufgaben der digitalen Sachbearbeitung im angeschlossenen ### auszuführen sind. Dies wird sowohl im Angebot, in den Aussagen während der Bieterpräsentation als auch in einem übermittelten Verhandlungsvorschlag deutlich. Dies steht im Gegensatz zu grundlegenden Paradigmen der Leistungsbeschreibung. Infolge des abweichenden Konzepts sind unverzichtbare Funktionen des digitalen Geschäftsgangs aktuell im angebotenen System nicht abgebildet (Zeichnungen, Geschäftsgangverfügungen, Kenntnisnahmen etc.). In der Bieterpräsentation machte der Bieter deutlich, dass eine Umsetzung der Anforderungen der Leistungsbeschreibung technisch möglich wäre. Konzepte dafür (…) müssten jedoch während der Projektlaufzeit zunächst entwickelt und abgestimmt werden. Zudem stellte der Bieter alle Weiterentwicklungen dieser Art unter den Vorbehalt, dass vonseiten des im ### genutzten ### entsprechende Metadatenfelder bereitgestellt werden, ohne dies bei der Angebotserstellung geprüft zu haben. Angesichts des prinzipiell abweichenden Anwendungskonzepts, des notwendigen Konzept- und Entwicklungsaufwands sowie der Realisierungsvorbehalte vonseiten des Bieters birgt eine anforderungsgerechte Weiterentwicklung des Systems während der Projektlaufzeit erhebliche Risiken. Die Anforderung wird als nicht erfüllt bewertet.“ […]

Die so getroffene Bewertung basiert mithin auf nicht dokumentierten Zwischenschritten und ist deshalb als rechtsfehlerhaft zu bewerten. Die Dokumentation der Wertungsentscheidung durch die Auftraggeber genügt den vergaberechtlichen Anforderungen des § 8 VgV nicht.

Die Dokumentation einer mündlichen Präsentation muss es ermöglichen, dass die Nachprüfungsinstanzen die Vertretbarkeit der konkreten Wertungsentscheidung nachprüfen können. Hierzu müssen der Inhalt der Präsentation und die Wertung so dokumentiert werden, dass für die Vergabekammer nachvollziehbar ist, warum der Auftraggeber zu einer bestimmten Wertung gekommen ist (OLG Düsseldorf; B. v. 24. 3. 2021 – Verg 34/20; VK Bund, B. v. 12. 4. 2019 – VK 1-11/19). Mit dieser Bewertung verkennt die Vergabekammer auch nicht, dass der Auftraggeber, worauf er mehrfach verwiesen hatte – die Art und Weise der Präsentation als solche natürlich nicht bewertet hatte. Dies hilft jedoch nicht drüber hinweg, dass im Rahmen der – jedenfalls hierzu nicht dokumentierten Präsentation Informationen geflossen sein müssen, die späterhin Basis der Bewertung und Punktvergabe geworden sind.

Mit dieser Bewertung verkennt die Vergabekammer ebenso nicht, dass die erste, am 29. November 2022 vorgenommene tabellarische Auswertung der eingegangenen Angebote lediglich intern erfolgte und der Vorbereitung der Präsentationen dienen sollte.

Klar ist auch, dass den in der Tabelle festgehaltenen Zwischenständen noch kein Bewertungscharakter oder keine Außenwirkung zukommen sollte. Dennoch ist dieses Dokument Teil des in der Vergabeakte abgebildeten Wertungsprozesses.

Soweit der Auftraggeber im Nachgang zur mündlichen Verhandlung darauf verwies, dass sich die Live-Demonstration einer Software nicht in Form eines verschriftlichten Protokolls festhalten lasse und es im Übrigen es auch keine vergaberechtliche Verpflichtung zu einer stenografischen Protokollierung oder akustischen Aufzeichnung von Bieterpräsentationen gäbe, so ist insbesondere letzteres für sich genommen durchaus richtig.

Eine Norm, die einen öffentlichen Auftraggeber zu einer stenografischen Protokollierung eines Gespräches, insbesondere einer Bieterpräsentation verpflichtet, existiert tatsächlich nicht.

Wohl aber existiert die Verpflichtung immer dann, wenn Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Bewertungssystems bewertet werden sollen, die für die Zuschlagsentscheidung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend zu dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind (VK Bund, Beschluss vom 01.06.2022 – VK 1-49/22; VK Bund, Beschluss vom 13.04.2022 – VK 1-31/22; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.10.2019 – Verg 6/19).

Hier fehlt es an der Dokumentation des entscheidenden Zwischenschrittes – der Kommunikation in der Bieterpräsentation, was besonders schwer wiegt, weil sich die Begründung für das Ausschlusskriterium sowohl in der tabellarischen Auswertung, als auch in der schriftsätzlichen Verteidigung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens immer wieder auf nirgends protokollierte Aussagen während der Bieterpräsentation stützt.

Erschwerend kommt hinzu, dass zum einen im Dokument

„Besondere Bewerbungsbedingungen: Fortschreibung für die Angebotsphase“ klar folgendes vorgegeben war:

„Bewertung von Bieterpräsentation und Verhandlung: Bieterpräsentationen und Verhandlungen werden nicht bewertet“.

Gleiches ergibt sich auch aus der Einladung zur Bieterpräsentation. Dieser war ebenso unmissverständlich folgender Hinweis zu entnehmen:

„Diese Präsentation ist, wie bereits in den Vergabeunterlagen mitgeteilt, nicht wertungsrelevant“.

Um so weniger ist nachvollziehbar und zulässig, dass Inhalte und Aussagen der nicht protokollierte Bieterpräsentation letztlich doch der Bewertung dienten. Teilt nämlich der Auftraggeber den Bietern nicht hinreichend eindeutig genug mit, auf was sich seine Wertungsentscheidung stützen wird (Präsentation, Konzept, sonstige schriftliche Darlegungen der Bieter oder ähnliches), verletzt er die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter. Einen solchen Vergaberechtsverstoß darf die Vergabekammer sogar von Amts wegen aufgreifen (vgl. VK Bund, B. v. 16.12.2022 VK 1-99/22).

Die von dem Auftraggeber vorgenommene Wertung des Angebotes der Antragstellerin zum Kriterium FA 14 ist nicht ausreichend dokumentiert und verstößt mithin gegen § 8 VgV, sowie gegen die vergaberechtlichen Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung.

– Zum B-Kriterium FA57 (FA 61) „Mobile Sachbearbeitung“

Sodann gilt es, die Bewertung des Auftraggebers zum B-Kriterium FA57 (FA 61) zu untersuchen.

Für die B-Kriterien oder B-Kriteriengruppen waren jeweils zu erreichende Mindestpunktzahlen vorgegeben, die eine Mindestqualität der Leistung vorgeschrieben haben, die zwingend erreicht werden musste. Wenn für ein Bewertungskriterium bzw. eine Kriteriengruppe die vorgegebene Mindestpunktzahl an Bewertungspunkten nicht erreicht wurde, sollte laut dem Formular Leistungskriterien das Angebot ausgeschlossen werden. Für die Vergabe der Bewertungspunkte der B-Kriterien war ein einheitliches Punktesystem mit nachfolgend dargestellter Abstufung verwendet worden:

„Bewertungspunkte / Bedeutung

[0] Das Leistungskriterium ist insgesamt nicht erfüllt.

[1] Das Leistungskriterium ist lediglich in Teilen erfüllt. Abweichungen von der bzw. den jeweilig referenzierten funktionalen oder nichtfunktionalen Anforderungen können im Rahmen der Implementierung des angebotenen Systems nicht behoben werden.

[2] Das Leistungskriterium ist im Wesentlichen erfüllt. Abweichungen von der bzw. den jeweilig referenzierten funktionalen oder nichtfunktionalen Anforderungen können im Rahmen der lmplementierung des angebotenen Systems behoben werden. Die dazu notwendigen Arbeiten des Bieters werden vertraglich vereinbart.

[3] Das Leistungskriterium ist erfüllt.

[4] Das Leistungskriterium ist erfüllt. Die Umsetzung weist herausragende Qualitätsmerkmale und/oder Innovationen auf.“

Den nachfolgenden Untersuchungen der Vergabekammer ist sodann vorwegzuschicken, dass dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung des vorgelegten Angebotes ein Beurteilungsspielraum zusteht, welcher von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar ist. Die Prüfung bezieht sich darauf, ob der öffentliche Auftraggeber den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat, indem er von unzutreffenden oder unvollständigen Tatsachen ausgegangen ist, er sachfremde Erwägungen anstellt oder sich nicht an den von ihm aufgestellten Beurteilungsmaßstab hält bzw. willkürlich handelte (VK Sachen, B. v. 28. 3 2019 – 1/SVK/044-18; VK Bund, B. v. 1. 9. 2011 – VK 3-110/11).

Für das hier streitgegenständliche Kriterium war eine Mindestpunktzahl von 2 Punkten zu erreichen. Der Auftraggeber hatte dem Angebot der Antragstellerin in diesem Punkt jedoch lediglich einen Punkt zugewiesen, was bereits zu einem Ausschluss des Angebots aus dem Wettbewerb führen würde.

Im Gegensatz zu dem zuvor untersuchten Kriterium FA 14, ist die Leistungsbeschreibung zum B-Kriterium FA 57 deutlich strukturierter ausgestaltet. Das Kriterium ist zunächst einem eigenen Kapitel zugeordnet, das unter folgender Überschrift steht:

II.4.4 Funktionale Anforderungen an das Teilsystem Mobilanwendung Das Teilsystem Mobilanwendung (? II.1.4.2) umfasst Funktionen, die Beschäftigte des ### außerhalb von Büroarbeitsplätzen nutzen. Im Folgenden werden funktionale Anforderungen an die Mobilanwendung beschrieben.

Das Kriterium selbst ist wie folgt ausgestaltet: [FA57] Mobile Sachbearbeitung Das Teilsystem Mobilanwendung muss alltagstaugliche Funktionen zur mobilen Sachbearbeitung bereitstellen. Dies umfasst insbesondere …

– die Datenübernahme für geplante Vor-Ort-Einsätze;

– die Offline-Nutzung von digitalen Akten und Dokumenten;

– die Offline-Bearbeitung von Dokumenten – insbesondere das Anbringen von Annotationen, das Erstellen von Protokollen und das Bearbeiten von Checklisten;

– die Offline-Erfassung von Bild- und Audio-Informationen;

– das automatisierte Übertragen von offline erstellten Dokumenten und Informationen in die digitale Akte.

Die Mobilanwendung soll zusätzlich eine Online-Nutzung von digitalen Akten und Dokumenten ermöglichen.

In dem von den Bietern im Zuge der Angebotsabgabe auszufüllenden Formular „Leistungskriterien“ war dieses Kriterium versehentlich als Kriterium 61 bezeichnet worden, was jedoch mit Bieterinformation 3 vom 14. Oktober 2022 klargestellt wurde. Hier wies ein Bieter zur Anforderung FA 61 auf folgendes hin: Anscheinend sind hier die Nummern zw. Lastenheft (FA61) und Leistungsbeschreibung (FA 57) durcheinander gekommen. Die hierzu entsprechende Antwort lautete:

„Ja. Die Beobachtung ist korrekt. Das Leistungskriterium III.2.5 bezieht sich – anders als im Formular Leistungskriterien angegeben – auf die funktionale Anforderung FA57 der Leistungsbeschreibung.“

Zum B-Kriterium FA 57 hatte die Antragstellerin im ausgefüllten Formular „Leistungskriterien“ durch Anklicken eines vorgegebenen Platzhalterfeldes, das die Auswahl zwischen „vollumfänglich/ teilweise/ nicht“ bereitstellte, angegeben, dass sie das Kriterium FA 57 (61) „vollumfänglich“ erfülle.

Zudem hatte sie anforderungsgemäß ihrem Angebot einige Screenshots beigefügt. Solche Screenshots sollten die Umsetzung der geforderten Funktionen veranschaulichen. Hierzu heißt es im Formular „Leistungskriterien“:

„Wenn Sie die Anforderung vollumfänglich oder teilweise erfüllen, fügen Sie im Abschnitt -> IX.24 Screenshots an, die Ihre Umsetzung folgender Funktionen veranschaulichen:

– Offline-Nutzung von digitalen Akten und Dokumenten

– Offline-Bearbeitung von Dokumenten, Bearbeitung von Annotationen

– Offline-Erstellung von Protokollen

– Offline-Bearbeitung von Checklisten

– Offline-Erfassung von Bild- und Audio Informationen, falls das verwendete Gerät die Technik verfügbar macht.“

Im Dokument „Bewertung Erstangebot Bieter 1 vor Bieterpräsentation“ vom 29. November 2022 waren zu diesem Kriterium 2 Bewertungspunkte vermerkt. In der Begründungsspalte heißt es:

„Der Lösungsansatz bleibt unklar. Das Angebot deutet auf eine Nutzung der eigenen Online-Plattform hin. Gegebenenfalls können Dokumente und Akten offline gespeichert werden? Vor-Ort-Funktionen sind nicht abgebildet. Erfüllung Detailanforderungen überprüfen“.

Am 30. November 20222 wurde die Antragstellerin wie bereits dargelegt zu einer Präsentation / 1. Verhandlungsrunde eingeladen. Der Einladungstext enthielt dabei u.a. folgende Textpassagen:

„Im Rahmen des oben genannten Vergabeverfahrens laden wir Sie zur Bieterpräsentation und einer gegebenenfalls anschließenden ersten Verhandlungsrunde ein.

– [ … ]

– Die Dauer des Termins ist mit sechs Stunden (zuzüglich einer Pause) geplant, die zunächst vor allem für eine ausführliche Bieterpräsentation vorgesehen sind. Zweck der Präsentation ist die Aufklärung über das Angebot. Zudem soll den teilnehmenden Beschäftigten des Bauaufsichtsamtes ein umfassender Einblick in die angebotene Lösung ermöglicht werden. Wenn inhaltlich notwendig und zeitlich möglich, kann anschließend an die Bieterpräsentation eine erste Verhandlungsrunde durchgeführt werden.

– Diese Präsentation ist, wie bereits in den Vergabeunterlagen mitgeteilt, nicht wertungsrelevant.

– [ ]

– Die Bieterpräsentation soll eingangs knapp (30 Minuten) das Unternehmen, das Team und die Expertise des Bieters in Bezug auf die zu lösenden Aufgaben darstellen. [ ] Anschließend ist vorgesehen, die Leistungskriterien in der durch die Leistungsbeschreibung vorgegebenen Reihenfolge zu besprechen. Bitte bereiten Sie dazu entsprechende LiveDemonstrationsszenarien vor – auch in Bezug auf Schnittstellenaufgaben, wobei dort ggf. auf Screenshots von Best-Practice-Szenarien zurückgegriffen werden kann.“ […]

Zum Kriterium 57 enthält das Protokoll eigenständige7 Ausführungen. Hier heißt es:

„Herr N.[ ] (###) bittet um Demonstration der angebotenen Komponente zur mobilen Arbeit.

Herr B[ ]: Die Mobilkomponente befindet sich aktuell in Überarbeitung und kann nicht vorgestellt werden. Die Erfüllung der Anforderungen wird bis zur Jahresmitte 2023 zugesagt.

Herr G.: Aktuell biet die Mobilkomponente keine spezifischen Funktionen zur Vor-OrtBearbeitung von Dokumenten.

Frau E.[ ]: Auf welcher Technologie basiert die Mobilanwendung?

Herr G.[ ]: Die Komponente wird als lokal ausführbare HTML5-Anwendung entwickelt.

Auf Vorschlag von Herrn N.[ ] (###) wird vereinbart, dass der Bieter die Erfüllung der Anforderung im Nachgang zur Bieterpräsentation schriftlich erläutert. Der ### übersendet kurzfristig eine entsprechende Aufforderung.“

Vereinbarungsgemäß wurde sodann der Antragstellerin eine Anforderung von Informationen zur Angebotsklärung übersandt. Diese enthielt u.a. folgende Mitteilung und Aufforderung:

„Während der Bieterpräsentation zum Angebot der [Antragstellerin] am 20. Januar 2023 wurde vereinbart, dass vonseiten des Bieters weitere Informationen zur Angebotsklärung zugearbeitet werden. Mit diesen Informationen soll geklärt werden, ob und in welchem Umfang das vorliegende Angebot die nachfolgend genannten Anforderungen der Leistungsbeschreibung erfüllt.

Beziehen Sie sich bitte in Ihrer Antwort auf alle zu den jeweiligen Anforderungen spezifizierten Details.

– FA[…]

– FA57 | Mobile Sachbearbeitung (B-Kriterium mit Mindestpunktzahl) – hier insbesondere Aussagen zum Leistungsumfang der angebotenen Lösung in Bezug auf die spezifizierten Detailanforderungen. […]“

Am 30. Januar 2023 antwortete sodann die Antragstellerin fristgerecht wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren, hier unsere Antworten:

– FA[…]

– FA57 | Mobile Sachbearbeitung (B-Kriterium mit Mindestpunktzahl) – hier insbesondere Aussagen zum Leistungsumfang der angebotenen Lösung in Bezug auf die spezifizierten Detailanforderungen.“

Offline-Nutzung von digitalen Akten und Dokumenten

Offline-Bearbeitung von Dokumenten, Bearbeitung von Annotationen

Offline-Erstellung von Protokollen

Offline-Bearbeitung von Checklisten

Offline-Erfassung von Bild- und Audio Informationen, falls das verwendete Gerät die Technik verfügbar macht.

Bewertung durch Auftraggeber Die AS erhielt hier 1 von 4 möglichen Punkten mit folgender Begründung …“

Die Antragstellerin gab also mit ihrer Antwort vom 30. Januar 2023 schlicht den Text des Leistungsverzeichnisses wieder, ohne diesen weitere Aussagen zum Leistungsumfang der angebotenen Lösung und Erläuterungen beizufügen. Dies veranlasste den Auftraggeber zu dem Bewertungsergebnis von 1 Wertungspunkt wobei eine Mindestpunktzahl von 2 Punkten für das Bestehen im Wettbewerb vorausgesetzt waren. Seine Entscheidung begründete der Auftraggeber in dem Dokument „Bewertung Leistungskriterien | Abschließende Bewertung des verbindlichen Erstangebots“ wie folgt:

„Im schriftlichen Erstangebot und in der Bieterpräsentation blieb unklar, in welchem Maß und wie die Anforderung erfüllt wird. Die im Erstangebot enthaltenen Screenshots einer Mobilanwendung lassen allenfalls einen ersten Prototyp vermuten, nicht aber eine praxistaugliche Systemkomponente. Nach Aussage des Bieters ist mit der Bereitstellung der Mobilanwendung zur Jahresmitte 2023 zu rechnen. Dies deutet einen fortgeschrittenen Arbeitsstand an. Im Gegensatz dazu war der Bieter nicht in der Lage, die Mobilkomponente praktisch zu demonstrieren. Auch die Antwort auf eine entsprechende Aufklärungsanfrage enthält keinerlei Beschreibungen und Illustrationen, wie die geforderten Funktionen umgesetzt werden sollen. Angesichts des aktuellen Konzept- und Entwicklungsstands wird die Bereitstellung einer anforderungsgerechten Mobilanwendung entsprechend der zeitlichen Anforderungen des Digitalisierungsprojekts als nicht realistisch eingeschätzt.“

Diese Bewertung war durch die Vergabekammer im Rahmen ihrer eingangs erwähnten eingeschränkt Überprüfungsmöglichkeiten zu überprüfen. Im Ergebnis war zum einen festzustellen, dass sich der Auftraggeber bei seiner Bewertung vorrangig auf die Bewertung des Erstangebotes, mit samt den dort enthaltenen Screenshots und die Antwort auf seine entsprechende Aufklärungsanfrage stützt. Zum anderen war festzustellen, dass er sich mit seiner Prognose, dass die Bereitstellung einer anforderungsgerechten Mobilanwendung entsprechend der zeitlichen Anforderungen des Digitalisierungsprojekts als nicht realistisch eingeschätzt wird, im Rahmen seines selbst auferlegten Bewertungsschemas bewegt hat.

Letztlich war auch festzustellen, dass die Antragstellerin ihre Mitwirkung an der Aufklärung verweigert hat.

Der Auftraggeber bewegt sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes, soweit er zur Begründung seiner Punktevergabe darauf verwies, dass im schriftlichen Erstangebot unklar geblieben sei, in welchem Maß und wie die Anforderung erfüllt wird, da nach seiner Bewertung die im Erstangebot enthaltenen Screenshots einer Mobilanwendung allenfalls einen ersten Prototyp vermuten lassen würden, nicht aber eine praxistaugliche Systemkomponente.

Diese Einschätzung wird von der Vergabekammer als ermessensfehlerfrei und sachgerecht bewertet, denn die auf den Seiten 47 bis 50 beigefügten Screenshots sind inhaltlich kaum geeignet, um bspw. eine Offline-Nutzung von digitalen Akten und Dokumenten, eine Offline-Bearbeitung von Dokumenten, Checklisten oder Annotationen oder eine Offline-Erstellung von Protokollen zu veranschaulichen und auf ihrer Basis zuverlässig Aussagen zum Leistungsumfang der angebotenen Lösung abzuleiten.

Sodann macht der Auftraggeber der Antragstellerin zum Vorwurf, dass sie im Gegensatz zu den im Angebot aufgestellten Behauptungen nicht in der Lage gewesen war, die Mobilkomponente im Gesprächstermin vom 20. Januar 2023 praktisch zu demonstrieren. Vor dem Hintergrund, dass in der Einladung zu diesem Gespräch explizit darauf verwiesen wurde, dass vorgesehen sei, im gemeinsamen Termin, die Leistungskriterien zu besprechen und die Antragstellerin der unmissverständlichen Aufforderung eine entsprechende Live-Demonstrationsszenarien vorzubereiten nicht nachgekommen ist, ist auch hieran vergaberechtlich nichts zu beanstanden.

Es ist darauf zu verweisen, dass nach herrschender Rechtsprechung ein Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet ist, zu überprüfen, ob die Bieter ihre mit dem Angebot verbindlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen auch einhalten werden; vielmehr darf er sich grundsätzlich auch ohne Überprüfung auf die Leistungsversprechen der Bieter verlassen. Entscheidet sich der Auftraggeber jedoch dazu, weil bspw. konkrete tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an den Angaben des Bieters wecken, dessen Leistungsversprechen zu überprüfen, muss der öffentliche Auftraggeber aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung der Bieter bereit und in der Lage sein, das Leistungsversprechen des Bieters effektiv zu verifizieren (VK Sachsen, B. v. 14.04.2023 – 1/SVK/003-23; VK Südbayern, B. v. 08.02.2023 – 3194.Z3-3_01-22-42; VK Sachsen, B. v. 15.03.2022 – 1/SVK/001-22; BayObLG, B. v. 03.06.2022 – Verg 7/22, OLG Düsseldorf, B. v. 15.01.2020 – Verg 20/19 m. w. N.; OLG Karlsruhe, B. v. 29.05.2020 – 15 Verg 2/20). Dabei ist er in der Wahl seiner Überprüfungsmittel grundsätzlich frei (OLG München, Beschluss vom 11.05.2007 – Verg 4/07). Er ist im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt. Das vom Auftraggeber gewählte Mittel zur Überprüfung muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein (VK Südbayern, B. v. vom 28.02.2023 – 3194.Z3-3_0122-42, m. Verw.a. OLG Düsseldorf, B. v. 15.01.2020 – Verg 20/19).

Soweit also der Auftraggeber zur Präsentation zum Zwecke der Aufklärung über das Angebot einlud, hatte er damit nach Auffassung der Vergabekammer ein zulässiges und taugliches Mittel zur Überprüfung der Angaben der Antragstellerin in Ihrem Angebot gewählt. Soweit desweiteren dann der Geschäftsführer der Antragstellerin in diesem Termin erklärte, dass die Mobilkomponente sich aktuell in Überarbeitung befinde und nicht vorgestellt werden könne, und mit einem weiteren Leistungsversprechen reagierte, dass die Erfüllung der Anforderungen bis zur Jahresmitte 2023 zugesagt werde, kam dies bereits zu diesem Zeitpunkt einer fehlenden Mitwirkung an der Aufklärung gleich. Erschwerend kam hinzu, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin sodann auch einräumte, dass die Mobilkomponente aktuell keine spezifischen Funktionen zur Vor-Ort-Bearbeitung von Dokumenten biete. Insoweit war es bereits überobligatorisch, dass der Auftraggeber der Antragstellerin sodann im Nachgang zu dem Gesprächstermin die Möglichkeit einräumte, die Erfüllung der Anforderung im Nachgang zur Bieterpräsentation schriftlich bis zum 30.01.2023 zu erläutern.

Eine Angebotsaufklärung dient gem. § 15 Abs. 5 VgV der Klärung des Angebotsinhalts, wenn nach rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Prüfung noch Zweifelsfragen bzgl. des Angebotsinhalts bestehen. Hierbei wird der Angebotsinhalt in der Regel unter Mitwirkung des Bieters ermittelt. Für den Bieter muss die Einleitung der Angebotsaufklärung nach § 15 Abs. 5 VgV durch den Auftraggeber eindeutig erkennbar sein. Dies folgt nicht nur aus dem Gebot der Transparenz, sondern auch daraus, dass der Auftraggeber Bietern die Rechtsfolge einer unterbleibenden Mitwirkung, nämlich einen drohenden Angebotsausschluss, nachhaltig vor Augen zu führen hat, um sie zu der gebotenen Mitwirkung anzuhalten (Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht 4. Auflage 2020). Lässt der Bieter die ihm gesetzte angemessene Frist zur Aufklärung ohne Antwort verstreichen oder legt er lediglich untaugliche Unterlagen vor, oder gibt er untaugliche Antworten, so ist dies nach Auffassung der Vergabekammer einer Weigerung gleichzusetzen.

Auch in sich widersprüchliche Angebote dürfen ohne vorherige Aufklärung des Angebotsinhalts weder bezuschlagt noch ausgeschlossen werden. Der öffentliche Auftraggeber hat in einer solchen Situation den betreffenden Bieter zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebots aufzufordern und ihm Gelegenheit zu geben, die Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015 – Verg 35/15). Dabei darf das Angebot allerdings nur soweit aufgeklärt werden, dass klar wird, welche der beiden Verständnismöglichkeiten des in sich widersprüchlichen Angebots vom Bieter gemeint war. Dadurch, dass die Antragstellerin in ihrem Angebot angab, dass sie das Kriterium FA 57 (61) „vollumfänglich“ erfülle, gleichzeitig aber ihrem Angebot Screenshots beigefügte, die allenfalls einen ersten Prototyp vermuten ließen, nicht aber eine praxistaugliche Systemkomponente, war das Angebot vom Auftraggeber als in sich widersprüchlich und deshalb aufklärungsbedürftig beurteilt worden. Indem aber dann dies Antragstellerin im Termin zur Präsentation nicht, wie erbeten eine entsprechende Live-Demonstrationsszenarien vorbereitet hatte, sondern sich darauf zurückzog, dass sich die Mobilkomponente aktuell in Überarbeitung befinde und deshalb nicht vorgestellt werden könne, hatte sie ihre erste Chance auf Aufklärung ungenutzt gelassen.

Die zweite Chance auf Aufklärung hatte die Antragstellerin ungenutzt gelassen, nachdem sie, obwohl während der Bieterpräsentation vereinbart wurde, dass weitere Informationen dazu, in welchem Umfang ihr Angebot die Anforderungen der Leistungsbeschreibung zu FA57 erfülle, zugearbeitet werden sollten, im Rahmen der Aufklärungsantwort lediglich den Text der Leistungsbeschreibung spiegelte, ohne diesem angebotserläuternde Erklärungen oder konkrete Veranschaulichungen hinzuzufügen. Durch dieses Verhalten verweigerte sie nach Auffassung der Vergabekammer ihre Mitwirkung an der Aufklärung, was für sich genommen bereits einen Ausschlussgrund gem. § 15 Abs. 5 VgV hätte darstellen können (OLG Frankfurt, B. v. 12.11.2013 – 11 Verg 14/13, VK Bund, B. v. 27.05.2020 – VK 2-21/20), was der Auftraggeber aber nicht in Betracht gezogen hat.

Insgesamt unter Würdigung der Gesamtumstände, ist es nach Überzeugung der Vergabekammer als sachgerecht und ermessensfehlerfrei zu bewerten, dass der Auftraggeber die Erfüllung des B-Kriterium FA 57 mit nur einem Punkt bewertete und dies u.a. damit begründete, dass angesichts des aktuellen Konzept- und Entwicklungsstands die Bereitstellung einer anforderungsgerechten Mobilanwendung entsprechend der zeitlichen Anforderungen des Digitalisierungsprojekts als nicht realistisch eingeschätzt würde. Dies entspricht inhaltlich der vorgegebenen Wertungsmatrix, wonach ein Angebot im entsprechenden Kriterium nur einen Punkt erhalten sollte, wenn das Leistungskriterium lediglich in Teilen erfüllt ist und Abweichungen von der bzw. den jeweilig referenzierten Anforderungen im Rahmen der Implementierung des angebotenen Systems nicht behoben werden können.

Da für die B-Kriterien im Formular Leistungskriterien bestimmt war, dass dann, wenn die jeweils zu erreichende Mindestpunktzahlen an Bewertungspunkten nicht erreicht würde, das Angebot ausgeschlossen werden würde, führte jedenfalls diese Punktvergabe bereits zum berechtigten Ausschluss des Angebotes aus dem Wettbewerb.

Dem so gefundenen Ergebnis steht nach Auffassung der Vergabekammer auch nicht entgegen, dass es in der europaweiten Bekanntmachung unter Ziffer II.2.14) „Zusätzliche Angaben“ lediglich geheißen hat:

„Für die als Bewertungskriterium gekennzeichneten Anforderungen werden nach den in der Leistungsbewertungsmatrix definierten Bewertungsmaßstäben und Punktesystemen Leistungspunkte vergeben.“,

worauf die Antragstellerin in ihrem Antragsschriftsatz hingewiesen hatte. Es ist hierzu zum einen darauf zu verweisen, dass es unter Ziffer II.2.14) unter der Überschrift „Berücksichtigung der Leistung (Leistungspunkte)“ auch heißt:

„Grundlage für die Ermittlung der Leistungspunkte sind der aus der Leistungsbeschreibung abgeleitete Kriterienkatalog sowie die Leistungsbewertungsmatrix. Kriterienkatalog und Leistungsbewertungsmatrix sind im Formular Leistungskriterien zusammengefasst.“

Es wurde also schon in der Auftragsbekanntmachung auf das Formular Leistungskriterien, aus dem sich das Punktesystem ergab, verwiesen. Außerdem schreibt § 127 Abs. 5 GWB lediglich vor, dass die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung in der Auftragsbekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen aufgeführt werden müssen – nicht die Ausschlusskriterien. Und schließlich wäre ein Auftraggeber auch nicht daran gehindert, nachträglich zur Auftragsbekanntmachung, bspw. in den Vergabeunterlagen eine Präzisierung der bekannt gemachten Zuschlagskriterien vorzunehmen, was hier unzweifelhaft im Formular Leistungskriterien erfolgt ist Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass der Auftraggeber – jedenfalls gestützt auf das Kriterium FA 57 das Angebot der Antragstellerin zu Recht ausgeschlossen hatte.

Nach dem zuvor gefundenen Ergebnis, könnten die weiteren Überlegungen an und für sich dahinstehen. Da diese aber umfangreich zur Diskussionsgegenstand gemacht wurden, soll nachfolgend zumindest noch zu weiteren Punkten in der gebotenen Kürze Stellung genommen werden.

– Zum B-Kriterium FA16 „Digitale Abbildung von Geschäftsgangverfügungen“

Auch das B-Kriterium FA 16 ist in der Leistungsbeschreibung deutlich strukturierter ausgestaltet. Zusammengefasst verlangt es u.a. folgendes:

„Das System muss es berechtigten Nutzer:innen ermöglichen, digitale Geschäftsgangverfügungen zu erzeugen, zu verwalten und zu erledigen. Digitale Geschäftsgangverfügungen regeln die Sachbearbeitung. Sie stellen Aufgaben für konkrete Sachbearbeitende dar, die zumeist mit Terminen versehen sind. Beispiele für Geschäftsgangverfügungen sind Wiedervorlagen, Aufforderungen zur Rücksprache, Anforderungen von Zeichnungen, konkrete Aufträge zur Sachbearbeitung, Abschließen des Vorgangs und viele weitere. […] Das System muss es berechtigten Nutzer:innen effizient ermöglichen, … Geschäftsgangverfügungen an Vorgängen (d.h. jeweils einer digitalen Akte) oder an digitalen Dokumenten anzubringen; Geschäftsgangverfügungen anzupassen und an andere Nutzer:innen weiterzuleiten, Geschäftsgangverfügungen zu erledigen. Dabei muss das System jeweils die folgenden Metainformationen zu einer Geschäftsgangverfügung verwalten:

Art und Beschreibung der Verfügung, Nutzerkennung des/der auslösenden und des/der angewiesenen Nutzer:in,; Datum des Auslösens, Termin der Erledigung.

Das System muss gewährleisten, dass auch eine große Anzahl an Geschäftsgangverfügungen übersichtlich dargestellt, gefiltert, sortiert und flexibel markiert werden kann. Unter den Bedingungen der vollständig digitalen Sachbearbeitung kommt einer effizienten, flexiblen und übersichtlichen Verwaltung von Geschäftsgangverfügungen eine herausragende Bedeutung zu. Sachbearbeitende müssen sich auch in einer größeren Zahl von digital erteilten Aufgaben alltagstauglich orientieren können.“ […]

Hier hatte die Antragstellerin im ausgefüllten Formular „Leistungskriterien“ durch Anklicken eines vorgegebenen Platzhalterfeldes, das die Auswahl zwischen „vollumfänglich/ teilweise/ nicht“ bereitstellte, angegeben, dass sie das Kriterium FA 16 „vollumfänglich“ erfülle. Zudem hatte sie anforderungsgemäß ihrem Angebot einen Screenshot beigefügt. Ein solcher Screenshot sollte die Umsetzung der geforderten Funktionen veranschaulichen. Hierzu heißt es im Formular „Leistungskriterien“:

„Wenn Sie die Anforderung vollumfänglich oder teilweise erfüllen, fügen Sie im Abschnitt -> IX.2 Screenshots an, die Ihre Umsetzung folgender Funktionen veranschaulichen:

– Anbringen von Geschäftsgangverfügungen an Vorgängen (d.h. jeweils einer digitalen Akte) oder an digitalen Dokumenten,

– Anpassen von Geschäftsgangverfügungen und Weiterleitung an andere Nutzer:innen,

– Erledigung von Geschäftsgangverfügungen,

– übersichtliche Darstellung, Filterung, Sortierung und flexible Markierung von Geschäftsgangverfügungen.“

Im Dokument „Bewertung Erstangebot Bieter 1 vor Bieterpräsentation“ vom 29. November 2022 waren zu diesem Kriterium 0 Bewertungspunkte vermerkt. In der Begründungsspalte heißt es:

„kein Lösungsansatz erkennbar, ### Lösungsansatz hinterfragen“.

Zur Präsentation des Angebotes sind folgende Aussagen protokolliert:

„Herr N.: Werden Geschäftsgangverfügungen als Metainformationen zum Dokument oder Fall in der digitalen Akte abgelegt?

Herr G.: Aktuell ist dies noch nicht der Fall. Sofern das im ### verwendete ### entsprechende Metadatenfelder bereitstellen kann, wird die Erfüllung der Anforderung im Projektverlauf zugesichert.“

Eine Schriftliche Anforderung von Informationen zur Angebotsaufklärung im Nachgang zur Bieterpräsentation gab es nicht. Der finalen Bewertung zu diesem Kriterium ist sodann folgendes zu entnehmen:

„In Bezug auf diese Anforderung ist das Angebot inkonsistent: Im schriftlichen Erstangebot wird die Erfüllung der Anforderung im angebotenen System ohne Einschränkungen zugesichert. Im Gegensatz dazu wurde in der Bieterpräsentation deutlich, dass der Bieter die Umsetzung von Geschäftsgangverfügungen und deren Dokumentation in Metainformationen zu Fällen und Dokumenten nicht als Funktion des angebotenen Systems versteht und stattdessen auf die Nutzung von ###-Funktionen verweist (siehe Bewertungen zu FA14). Infolgedessen werden wesentliche Aspekte der Anforderung im angebotenen System aktuell nicht erfüllt (Abbildung von Geschäftsgangverfügungen in Metainformationen zu Fällen und Dokumenten, leistungsabhängige Kataloge von Geschäftsgangverfügungen, effiziente Verwaltung einer großen Zahl von Geschäftsgangverfügungen etc.). In der Bieterpräsentation klärte der Bieter darüber auf, die geforderten Funktionen inkl. der Übermittlung der dabei entstehenden Metainformationen in das angeschlossene ### während der Projektlaufzeit realisieren zu wollen. Auch hier sind die in den Bewertungen zu FA14 geäußerten Risiken relevant. Da das verwaltungsfachliche Konzept der Geschäftsgangverfügung bislang beim Entwurf des angebotenen Systems noch nicht aufgegriffen wurde, wird die Umsetzung der Anforderungen während der Projektlaufzeit als zu risikoreich bewertet.“

Die Vergabekammer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert, dass dem Angebot der Antragstellerin zum Kriterium FA 16 ein Screenshot beigefügt gewesen war.

Dieser hat eine digitale Signatur abbildet sowie einen Gebäudegrundriss mit Dachgeschoss, Lageplan und Bauzeichnungen, was nach dem Verständnis der Vergabekammer mit Geschäftsgangverfügungen nichts zu tun habe. Nach Auseinandersetzung mit dem Screenshot führte der Geschäftsführer der Antragstellerin hierzu aus, dass dieser Screenshot in der Kürze der Zeit hier vielleicht etwas unglücklich eingefügt worden sei.

Auch in diesem Kriterium ist also greifbar, dass das Angebot der Antragstellerin in sich widersprüchlich bzw. tatsächlich inkonsistent ist. Allerdings hat es der Auftraggeber (auch) hier versäumt die Widersprüchlichkeit zwischen behaupteter vollumfänglicher Erfüllung des Kriteriums und Screenshot zum Gegenstand der Aufklärung und Wertung zu machen. Stattdessen stützt er sich auf die Antwort der Antragstellerin zu einer einzelnen Frage, ob „[…] Geschäftsgangverfügungen als Metainformationen zum Dokument oder Fall in der digitalen Akte abgelegt [werden]. Dies stellt nach dem Verständnis der Vergabekammer eine gewisse Friktion zum Anforderungsprofil des Kriterium FA 16 dar, wo gefordert wurde, dass das System ermöglicht, „Geschäftsgangverfügungen an Vorgängen (d.h. jeweils einer digitalen Akte) oder an digitalen Dokumenten anzubringen“. Es entsteht der Eindruck, dass danach gefragt wird, ob die Geschäftsgangverfügung in der digitalen Akte abgelegt wird, also dort sichtbar ist, während in der Leistungsbeschreibung Geschäftsgangverfügungen lediglich an Vorgängen) oder an digitalen Dokumenten anzubringen sind und damit sichtbar (abrufbar/ durchsuchbar) sind.

Jedenfalls ist es der Vergabekammer anhand der protokollierten Frage und Antwort nicht möglich, nachzuvollziehen, warum der Auftraggeber zu dem Wertungsergebnis von lediglich einem Punkt gekommen ist (OLG Düsseldorf; B. v. 24. 3. 2021 – Verg 34/20; VK Bund, B. v. 12. 4. 2019 – VK 1 – 11/19). Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass ein Bieter im Stadium der Angebotsabgabe (noch) nicht leistungsbereit sein muss. nach Überzeugung der Vergabekammer ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass einem Bieter die zur Leistungserbringung erforderlichen Mittel bereits bei Angebotsabgabe oder Zuschlagserteilung zur Verfügung stehen. Er muss, sofern sich der öffentliche Auftraggeber nicht in der Bekanntmachung einen anderen Zeitpunkt vorbehält, in der Regel erst zum Leistungsbeginn über diese Mittel verfügen (VK Sachsen, B. v. 15.03.2022 – 1/SVK/001-22). Dass es der Antragstellerin tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, die Anforderung im Projektverlauf, wie zugesichert zu erfüllen, bleibt als durch Fragen und Antworten nicht untersetzte Mutmaßung im Raum stehen und wird lediglich durch den Verweis auf die zu den Bewertungen zu FA14 geäußerten Risiken gestützt- die ebenso für die Vergabekammer schon nicht nachvollziehbar waren.

Die von dem Auftraggeber vorgenommene Wertung des Angebotes der Antragstellerin zum Kriterium FA 16 ist nicht ausreichend dokumentiert und verstößt mithin gegen § 8 VgV. Ähnlich verhält es sich mit den weiteren Kriterien, die zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig diskutiert wurden.

– Zum B-Kriterium FA34 Dokumentation von Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen

Das B-Kriterium FA 34 ist in der Leistungsbeschreibung, bezogen auf die zu erfüllenden Anforderungen wie folgt ausgestaltet:

„Das Kernsystem muss über manuelle und automatisierte Möglichkeiten verfügen, die Bearbeitungszeiten eines Falls einer Verwaltungsleistung zu erfassen und übersichtlich visuell darzustellen. Dabei müssen folgende Bearbeitungssituationen unterschieden und dargestellt werden:

– Bearbeitungszeiten in der federführenden Organisationseinheit der ###-Verwaltung,

– Bearbeitungszeiten in beteiligten öffentlichen Stellen der ###-Verwaltung,

– Bearbeitungszeiten in beteiligten öffentlichen Stellen außerhalb der ###-Verwaltung,

– Bearbeitungsunterbrechungen, die durch Verwaltungskunden verursacht wurde“

Im ausgefüllten Formular Leistungskriterien hatte die Antragstellerin sodann durch Anklicken des entsprechenden Platzhalterfeldes angegeben, dass sie das Kriterium FA 14 „vollumfänglich“ erfülle. Screenshots zum Nachweis des behaupteten Erfüllungsgrades waren an dieser Stelle nicht gefordert.

Im Dokument „Bewertung Erstangebot Bieter 1 vor Bieterpräsentation“ vom 29. November 2022 waren zu diesem Kriterium 3 Bewertungspunkte vermerkt. In der Begründungsspalte in der für andere Kriterien Kritikpunkte festgehalten waren, war hier nichts weiter vermerkt. Zur Präsentation des Angebotes sind folgende Aussagen protokolliert:

„Herr N. (###): Können Bearbeitungsunterbrechungen verwaltet und ausgewiesen werden?

Herr G.: Bearbeitungsunterbrechungen werden im System nicht verwaltet. Eine zusammenfassende Visualisierung von Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen ist aktuell nicht möglich. Stattdessen werden Fristen situationsabhängig fortgeschrieben.“

Eine schriftliche Anforderung von Informationen zur Angebotsaufklärung im Nachgang zur Bieterpräsentation erfolgte nicht, die Antragstellerin erhielt sodann in der finalen Bewertung 1 von 4 möglichen Punkten, als Mindestpunktzahl waren hier jedoch mindestens 2 Punkte zu erreichen. Die Punktvergabe stützt sich auf folgende Begründung:

„In Bezug auf diese Anforderung ist das Angebot inkonsistent: Im schriftlichen Erstangebot wird die Erfüllung der Anforderung im angebotenen System ohne Einschränkungen zugesichert. Im Gegensatz dazu wurde in der Bieterpräsentation deutlich, dass das angebotene System nicht über Funktionen zur Erfassung, Verwaltung und Auswertung von Bearbeitungsunterbrechungen verfügt. Eine zusammenhängende Auswertung und übersichtliche visuelle Darstellung der Bearbeitungszeiten und Bearbeitungsunterbrechungen wird nicht ermöglicht. Mit einer Umsetzung während der Projektlaufzeit kann nicht gerechnet werden.“

Die Vergabekammer hatte sowohl in ihrem schriftlichen Hinweis, als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung problematisiert, dass das Kernsystem laut Leistungsbeschreibung lediglich über manuelle und automatisierte Möglichkeiten verfügen sollte, die Bearbeitungszeiten eines Falls (irgendwie) zu erfassen und visuell darzustellen und hatte sodann problematisiert, dass die Antragstellerin „immerhin“ angeboten habe Fristen situationsabhängig fortzuschreiben, worauf die Bewertung im Auswertungsdokument schlicht keinen Bezug genommen hat.

Die Vergabekammer verkennt nicht, dass der Auftraggeber im Nachgang zur mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass eine situationsabhängige Fortschreibung von Fristen die geforderte Funktion der Erfassung und Darstellung von Bearbeitungsunterbrechungen nicht ersetze, da dabei lediglich ein Zeitpunkt (Frist) überschrieben würde, nicht jedoch eine Dauer inklusive des Unterbrechungsgrundes erfasst. Visualisierungsfunktionen seien davon ohnehin nicht berührt. Die auftraggeberseitige Bewertung mit einem Wertungspunkt resultiere aus der Verfügbarkeit von Terminen und Fristdaten, die Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung hin zur Verwaltung und Auswertung von Informationen oder Zeiträumen darstellen könnten. Dem steht jedoch ebenso gegenüber, dass die Antragstellerin im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Befragung ausführte, dass das angebotene System Bearbeitungsunterbrechungen abbilden könne. Die Umstände blieben mithin unaufklärbar, so dass letztlich als alleiniger Kontrollmaßstab der Vergabekammer die wenigen Worte bleiben, die zur Bieterpräsentation protokolliert wurden, wobei auch hier wieder zu berücksichtigen ist, dass ausweislich der besonderen Bewerbungsbedingungen und der Einladung zur Präsentation die Bieterpräsentation nicht bewertet werden sollte.

Insoweit ist dem Auftraggeber entgegenzuhalten, dass öffentliche Auftraggeber nach Auffassung der Vergabekammer aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung verpflichtet sind, den Bietern seine Vorgehensweise bei der Wertung so eindeutig mitzuteilen, dass diese wissen, was der Auftraggeber von ihnen erwartet und auf was sich seine Wertung stützen wird (vgl. VK Bund, B. v. 16.12.2022 – VK 1-99/22). Denn nur, wenn allen Bietern gleichermaßen bekannt ist, wie der Auftraggeber bei der Wertung ihrer Angebote vorgehen wird, sind die auf diesen Vorgaben beruhenden Angebote überhaupt untereinander vergleichbar, so dass im wirksamen Wettbewerb unter allen Angeboten willkürfrei das wirtschaftlichste ausgewählt werden kann. Bei der Dokumentation der mündlichen Kommunikation mit Bietern, die einen Einfluss auf Inhalt und Bewertung von deren Angebot haben könnte, ist sogar in besonderem Maße darauf zu achten, dass in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise dokumentiert wird. Dieser Verpflichtung ist vorliegend der Auftraggeber nach Überzeugung der Vergabekammer, bezogen auf das Kriterium nicht nachgekommen, weshalb auch auf dieses Kriterium der Ausschluss nicht gestützt werden kann.

Ein gleichlautender Vorwurf ist dem AG schließlich auch im Hinblick auf die Bewertung des Kriteriums FA 33 „Verwalten von objekt- und ortsbezogenen Informationen“ zu machen. Auch hier ist dem Auftraggeber vorzuwerfen, dass die ursprüngliche Bewertung 3 Punkte vorsah, sodann im Nachgang zur Bieterpräsentation in 1 Punkt geändert wurde und kaum Aussagen im Rahmen der Präsentation, das Kriterium betreffend protokolliert wurden, wobei die Präsentation, wie wiederholt dargelegt, nicht Gegenstand der Bewertung sein sollte.

Insoweit bleibt es dabei, dass letztlich lediglich ein Wertungskriterium die Ausschlussentscheidung des Auftraggebers stützt.

Zusammenfassend war also nach Würdigung des gesamten Wertungsvorganges festzustellen, dass die Wertung zumindest in Bezug auf die Erfüllung des B-Kriterium FA 57 mit nur einem Punkt als sachgerecht und ermessensfehlerfrei zu bewerten war.

Da für sämtliche B-Kriterien im Formular Leistungskriterien festgelegt war, dass dann, wenn die jeweils zu erreichende Mindestpunktzahlen an Bewertungspunkten nicht erreicht würde, das Angebot ausgeschlossen werden würde, führte jedenfalls diese Punktvergabe zum berechtigten Ausschluss des Angebotes aus dem Wettbewerb, so dass im Ergebnis der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin berechtigt war und der Antrag der Antragstellerin als unbegründet abzuweisen war.

III.

1. Die Antragstellerin hat gem. § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahren zu tragen.

Die Antragstellerin hat als Unterliegende die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 182 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen.

Die Gebühr beträgt mindestens 2.500 EUR und soll den Betrag von 50.000 EUR nicht überschreiten (§ 182 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB).

Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 182 Abs. 2 GWB). Dabei ist vorrangig vom Wert des Verfahrensgegenstandes auszugehen (BGH, B. v. 25. Oktober 2011 – X ZB 5/10).

Die Vergabekammern des Bundes haben dazu eine Gebührentabelle erarbeitet, welche die erkennende Vergabekammer im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung anwendet. Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses wird hier, wie in der Regel auf den Bruttoangebotswert des Angebotes des Antragstellers abgestellt. Ausgehend hiervon ergibt sich nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes eine Gebühr in Höhe von … EUR.

Dieser Betrag kann zudem aber auch aus Gründen der Billigkeit entsprechend § 182 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. GWB ermäßigt werden, ggf. bis auf ein Zehntel.

Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen Verwaltungsaufwand stehen. Solche Gründe waren vorliegend nicht ersichtlich.

Den Betrag (… EUR) hat die Antragstellerin binnen zweier Wochen nach Bestandskraft dieser einzuzahlen.

2. Die Antragstellerin hat die notwendigen Aufwendungen des Auftraggebers zu tragen, § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.

Gemäß 182 Abs. 4 Satz 1 GWB hat ein Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen seines Gegners zu tragen, soweit er im Verfahren unterliegt. Vorliegend ist die Antragstellerin in diesem Verfahren die Unterlegene. Daher hat sie die zur Rechtverfolgung notwendigen Aufwendungen des Auftraggebers nach § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB zu tragen.

3. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind ihr nicht zu erstatten, § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB.

Die Aufwendungen der Beigeladenen sind gemäß § 182 Abs. 4 Satz 2 GWB nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterliegenden Partei auferlegt. Entscheidend ist dabei, inwieweit sich der Beigeladene aktiv in das Verfahren eingebracht und dieses gefördert hat.

Die überwiegende Spruchpraxis bejaht einen Kostenerstattungsanspruch des Beigeladenen, wenn der Beigeladene auf Seiten der obsiegenden Partei das Verfahren entweder durch einen Antrag oder in sonstiger Weise wesentlich aktiv fördert, sich also schriftsätzlich in relevanter Weise äußert oder an der mündlichen Verhandlung teilnimmt (Losch in: Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB, § 182 Rn. 37).

Ausgehend davon erachtet es die Vergabekammer als billig, der Beigeladenen einen Kostenerstattungsanspruch nicht zuzugestehen. Die Beigeladene hatte sich vorliegend nicht schriftsätzlich im Vergabenachprüfungsverfahren eingelassen. Zwar hatte sie das Vergabenachprüfungsverfahren durch ihren Vortrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung geringfügig gefördert, allerdings hatte sie dort keinen eigenen Antrag gestellt. Damit nimmt sie am Kostenrisiko des Verfahrens nicht teil.

Insoweit entspricht es aber auch der Billigkeit, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen nicht zu erstatten.

IV.

(…)

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VergMan ® – Qualifizierte Projektsteuerungsleistungen für Ihr kommunales Innenstadtrestrukturierungsprojekt „Neue Stadtmitte Musterstadt“

 

VORSCHLAG für eine Vergabe

Bekanntmachung

Stadt Musterstadt Innenstadtrestrukturierung

Abschnitt I: Öffentlicher Auftraggeber

I.1) Name und Adressen  

Offizielle Bezeichnung:
Postanschrift:
Postleitzahl / Ort:
Land:
NUTS-Code:
Telefon:
E-Mail:
Internet-Adresse(n) Hauptadresse:

I.2) Gemeinsame Beschaffung  

I.3) Kommunikation   Die Auftragsunterlagen stehen für einen uneingeschränkten und vollständigen direkten Zugang gebührenfrei zur Verfügung unter:

Weitere Auskünfte erteilt/erteilen die oben genannten Kontaktstellen  

Angebote oder Teilnahmeanträge sind einzureichen elektronisch via:

I.4) Art des öffentlichen Auftraggebers Regional- oder Kommunalbehörde

I.5) Haupttätigkeit(en)   Allgemeine öffentliche Verwaltung

Abschnitt II: Gegenstand

II.1) Umfang der Beschaffung      

II.1.1) Bezeichnung des Auftrags:   Stadt Musterstadt – Innenstadtrestrukturierung

II.1.2) CPV-Code Hauptteil   71000000-8  

II.1.3) Art des Auftrags   Dienstleistungen  

II.1.4) Kurze Beschreibung:   Vergabe der Leistungen der Projektsteuerung nach Heft 9 AHO für das Projekt „Neue Stadtmitte Musterstadt“  

II.1.5) Geschätzter Gesamtwert      

II.1.6) Angaben zu den Losen   Aufteilung des Auftrags in Lose: Nein

II.2) Beschreibung      

II.2.2) Weitere(r) CPV-Code(s) 
CPV-Code Hauptteil:
71240000-2
71540000-5
71300000-1

II.2.3) Erfüllungsort      

NUTS-Code:    

Hauptort der Ausführung:   Stadt Musterstadt

II.2.4) Beschreibung der Beschaffung  

Gegenstand dieser Vergabe sind Leistungen der Projektsteuerung und -leitung gemäß AHO Heft Nr. 9 in der 5., vollständig überarbeiteten Auflage (Stand: März 2020). Der Auftragnehmer soll mit seiner Leistung wesentlich dazu beitragen, das Bauvorhaben termin-, qualitäts- und kostengerecht umzusetzen.
Ziel der externen Projektleitung ist die vollständige Leitung und Koordination des Projekts „Neue Stadtmitte Musterstadt“ für die Stadt Musterstadt. Die externe Projektleitung umfasst insbesondere folgende Aufgaben:

– Abstimmungsgespräche mit der Stadt Musterstadt, der beteiligten Rechtsanwaltskanzlei sowie weiteren Dritten,
– Organisation und Koordination von Abstimmungen mit …,
– Vertretung der Stadt Musterstadt ggü. Auftragnehmer(n) und Projektpartnern,
– Prüfung der Finanzierungsanträge mit dem Ziel der Optimierung der zuwendungsfähigen Kosten,
– Überwachung Projektzeitplan,
– Prüfung von Planungsunterlagen zur Sicherstellung der Planungsqualität und zur Reduzierung des Planungsumfangs auf das notwendige Maß,
– Klärung Detailfragen zu Planungen,
– Einrichten, Betreiben und Abschließen eines Projektkommunikationssystems.

Es erfolgt die Beauftragung aller Grundleistungen der Leistungsbilder Projektsteuerung und -leitung gemäß §§ 2 und 3 AHO, Heft Nr. 9. Die Beauftragung umfasst alle Grundleistungen sämtlicher Projektstufen und Handlungsbereiche. Zusätzlich werden im Handlungsbereich A besondere Leistungen in Bezug auf ein Projektkommunikationssystem über alle Projektstufen hinweg beauftragt, diese umfassen:

– Betreiben Projektkommunikationssystem
– Umsetzen Risikomanagementsystem  

II.2.5) Zuschlagskriterien   Der Preis ist nicht das einzige Zuschlagskriterium; alle Kriterien sind nur in den Beschaffungsunterlagen aufgeführt

II.2.6) Geschätzter Wert      

II.2.7) Laufzeit des Vertrags, der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems   Laufzeit in Monaten: 60
Dieser Auftrag kann verlängert werden: Ja

Beschreibung der Verlängerungen:
Leistungsbeginn: direkt nach Zuschlagserteilung
Abschluss der Bauausführung/Fertigstellung des BV Neue Stadtmitte ist bis … geplant.
Eine zügige Umsetzung aller beauftragten Leistungsphasen wird vorausgesetzt.
Durch etwaige Verschiebungen des Fertigstellungstermins kann sich allerdings die Vertragslaufzeit verlängern.  

II.2.9) Angabe zur Beschränkung der Zahl der Bewerber, die zur Angebotsabgabe bzw. Teilnahme aufgefordert werden  
Geplante Mindestzahl: …
Höchstzahl: …
Objektive Kriterien für die Auswahl der begrenzten Zahl von Bewerbern: Die Bewerber haben folgende Eignungskriterien zu erfüllen und hierfür folgende Eigenerklärungen abzugeben bzw. Eignungsnachweise zu erbringen: siehe III.  

II.2.10) Angaben über Varianten/Alternativangebote   Varianten/Alternativangebote sind zulässig: Nein  

II.2.11) Angaben zu Optionen:   Optionen: nein

II.2.12) Angaben zu elektronischen Katalogen  

II.2.13) Angaben zu Mitteln der Europäischen Union

Der Auftrag steht in Verbindung mit einem Vorhaben und/oder Programm, das aus Mitteln der EU finanziert wird: Nein

II.2.14) Zusätzliche Angaben:

Abschnitt III: Rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und technische Angaben

III.1) Teilnahmebedingungen      

III.1.1) Befähigung zur Berufsausübung einschließlich Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister  
Auflistung und kurze Beschreibung der Bedingungen, Angabe der erforderlichen Informationen und Dokumente:

1. Vorlage eines Nachweises der Zulassung/ Erlaubnis zur Berufsausübung durch Eintragung in ein Berufs- und Handelsregister bzw. Eintragung in ein Mitgliederverzeichnis der zuständigen Berufskammer gemäß Vorgabe des EU-Staates, in dem der Bewerber tätig ist, oder auf andere Weise. Auch Nachweise über Haftpflichtversicherung und Kammermitgliedschaften sind einzureichen (gesondert vorzulegen).

2. Eigenerklärung zum Nichtvorliegen der Ausschlussgründe gemäß §§ 123, 124 GWB (im bereitgestellten Bewerbungsbogen anzugeben).

3. Eigenerklärung, ob und auf welche Art der Bewerber wirtschaftlich mit anderen Unternehmen verknüpft ist, ob und wenn ja er mit anderen Unternehmen den Auftrag erbringen möchte und wie die Aufteilung der Leistungserbringung erfolgt (im bereitgestellten Bewerbungsbogen anzugeben).

4. Firmenprofil/ Darstellung des Unternehmens mit Angaben zur Gesellschafterstruktur und zur Konzernangehörigkeit sowie zu gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen und Beteiligungen (im bereitgestellten Bewerbungsbogen und ggfs. zusätzlich gesondert anzugeben). Ergänzend bei Bewerber- und Bietergemeinschaften: Angaben eines bevollmächtigten Vertreters. Die vorstehend geforderten Erklärungen und Unterlagen sind für jedes Mitglied der Bewerber- und Bietergemeinschaft gesondert vorzulegen. Die vorstehend geforderten Erklärungen und Unterlagen sind für jedes Mitglied der Bewerber- und Bietergemeinschaft gesondert vorzulegen.  

III.1.2) Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit  

Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien, Angabe der erforderlichen Informationen und Dokumente:

5. Gesamtumsätze und Umsätze mit den zu vergebenden Leistungen in den letzten drei Jahren (im bereitgestellten Bewerbungsbogen anzugeben)

6. Das Formblatt „Verpflichtungserklärung zu Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Aufträgen nach dem Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz“ (ist den Vergabeunterlagen beigefügt)

7. Die Eigenerklärung zu Russland-Sanktionen (ist den Vergabeunterlagen beigefügt)
Die vorstehend geforderten Erklärungen und Unterlagen sind für jedes Mitglied der Bewerber- und Bietergemeinschaft gesondert vorzulegen.
Möglicherweise geforderte Mindeststandards: Mindestanforderung zu 1.: Nachweis einer Haftpflichtversicherung: Die jährlichen Deckungssummen für diese Versicherungen müssen mindestens 3.000.000,- € je Schadensfall für Personenschäden sowie mindestens 2.000.000,- € für Sach- und Vermögensschäden betragen. Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt mindestens das Zweifache der Deckungssumme. Oder alternativ eine Versicherungsbestätigung, dass im Falle der Zuschlagserteilung eine entsprechende Versicherung mit den geforderten Deckungssummen zugesagt wird.
Mindesteignung für die vorstehende Ziffer 5. (Umsätze): Umsätze mit den zu vergebenden Leistungen (Definition der relevanten/vergleichbaren Leistungen): siehe unten bei Ziffer 10. Referenzprojekte): 0,5 Mio. € netto.  

III.1.3) Technische und berufliche Leistungsfähigkeit  

Auflistung und kurze Beschreibung der Eignungskriterien, Angabe der erforderlichen Informationen und Dokumente:

8. Anzahl und Qualifikation des festangestellten Personals, das für die Umsetzung
vorgesehen ist (im bereitgestellten Bewerbungsbogen und ggfs. zusätzlich gesondert anzugeben):

Hierbei sind geeignete Studiennachweise und sonstige Bescheinigungen über die berufliche Qualifikation des Bewerbers und seiner Führungskräfte vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen. Der Projektleiter und der stellvertretende Projektleiter (erforderliche Berufserfahrung für beide: mind. 3 Jahre) für den vorliegenden Auftrag sind zu benennen und es sind Angaben zu ihrer Berufserfahrung (in Jahren) und zu den von ihnen bearbeiteten Referenzobjekten zu machen. Nachweise über diese persönlichen Referenzobjekte sind vorzulegen.

9. Eigenerklärung über das jährliche Mittel der vom Bewerber in den letzten drei Jahren Beschäftigten und die Anzahl seiner Führungskräfte in den letzten drei Jahren (im bereitgestellten Bewerbungsbogen anzugeben)

10. Referenzprojekte: Angabe über die Ausführung von Leistungen aus den letzten fünf Jahren, die mit der ausgeschriebenen Leistung vergleichbar sind (im bereitgestellten Bewerbungsbogen anzugeben):

a) Es werden sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Referenzen bewertet. Die Vergleichbarkeit bezieht sich auf die Art, den Umfang und die Rahmenbedingungen der Leistung. „Vergleichbar“ ist somit eine bereits erbrachte Leistung mit den in diesem Vergabeverfahren zu vergebenden Leistungen.

b) Auswahlkriterium im Rahmen der Referenzen stellt die besondere Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Projekt dar. Hiernach entscheidet sich, welche der Bewerber der Auftraggeber im Rahmen des Verhandlungsverfahrens (2. Stufe) zur Angebotsabgabe auffordern wird.

c) Als solche „besonders vergleichbare“ Referenzen sollen zuvörderst andere Projekte mit den gleichen Leistungsbildern/Projektstufen wie nach dem vorliegenden Auftrag angegeben werden. Die Referenzen sollen sich zudem auch auf entsprechende Leistungen (Projektsteuerung bei Stadtmitte-Umgestaltungsprojekten o.ä.) beziehen. Solche Referenzen werden bei der Auswahlentscheidung des Auftraggebers (Zulassung des Bewerbers zur 2. Stufe) vorrangig berücksichtigt.

d) Hierbei sind u.a. der Auftraggeber (Anschrift, Name und Telefonnummer des Ansprechpartners), die anrechenbaren Kosten gemäß AHO und/oder Höhe des Honorars ohne Nebenkosten, kurze Beschreibung der erbrachten Leistungen, Projektbeschreibung und Projektgröße sowie Leistungsbeginn und Fertigstellungstermin anzugeben.
Hinweis: Fehlt eine oder mehrere der vorgenannten Angaben, wird das entsprechende Referenzprojekt nicht in die Wertung mit aufgenommen. Es werden nur Bewerber berücksichtigt, die über geeignete Referenzen verfügen.
Die vorstehend geforderten Erklärungen und Unterlagen sind für jedes Mitglied der Bewerber- und Bietergemeinschaft gesondert vorzulegen.
Möglicherweise geforderte Mindeststandards: Mindestanforderung zu 8.: Die Stadt Musterstadt erwartet beim Einsatz des Personals des Bewerbers als Mindestvoraussetzung eine hinreichende (mindestens 3-jährige) Berufserfahrung des Projektleiters und des Stellvertretenden Projektleiters (m/w/d).
Mindestanforderung zu 10.: Nachweis von bis zu 3 wertungsfähigen Projektreferenzen des sich bewerbenden Unternehmens mit vergleichbaren Leistungen. Es werden sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Referenzen bewertet. Hierfür können (über den vorgegebenen/bereitgestellten Bewerbungsbogen hinaus) bis zu 3 Referenzen angegeben und entsprechende Beiblätter vorgelegt werden (jedoch max. 3 Blatt DIN A4 pro Referenz). Aus Sicht des Auftraggebers sind maximal 3 Referenzen ausreichend. Mit mehr als 3 Referenzen können keine zusätzlichen Punkte erreicht werden. Der Bewerber muss die Referenzleistungen jeweils als verantwortliches Büro erbracht haben. Im Falle einer Bewerbergemeinschaft ist es ausreichend, wenn eines der Mitglieder die Referenzleistung hauptverantwortlich erbracht hat. Hat ein Drittunternehmen die Referenzleistung hauptverantwortlich erbracht, so sind diese als Subunternehmerleistungen zu benennen.
Referenzen mit besonders vergleichbaren Leistungen (Definition: siehe unten) erhalten 10 Punkte,
Referenzen mit vergleichbaren Leistungen erhalten 5 Punkte,
Referenzen mit nicht vergleichbaren Leistungen oder fehlende Angaben werden mit 0 Punkten bewertet.
Maximal sind 30 Punkte für 3 Referenzprojekte insgesamt erreichbar. Bei Gleichstand entscheidet das Los.
Allgemeine Hinweise zu den Eignungskriterien:

– Den Bewerbern wird mit den Vergabeunterlagen ein Bewerbungsbogen bereitgestellt, in denen die obigen (Eigen-)Erklärungen eingetragen werden können. Sollten darüber hinaus gesonderte Angaben erforderlich sein, ist dies vorstehend ausdrücklich benannt.

– Geforderte Eignungsnachweise nach HVTG, die in Form anerkannter Präqualifikationsnachweise (u.a. HPQR) vorliegen, werden zugelassen und anerkannt, wenn die Präqualifikationsnachweise in Form und Inhalt den geforderten Eignungsnachweisen entsprechen. Anstelle der Eignungsnachweise ist die Nummer anzugeben, unter der sie in der Liste für die Präqualifikation eingetragen sind.

– Bewerber, welche die oben genannten Eignungsnachweise nicht vollständig erbringen, werden bei der Auswahl der zur Angebotsabgabe aufzufordernden Bewerber nicht berücksichtigt. Der Bewerber kann somit nicht darauf vertrauen, dass fehlende Erklärungen und Nachweise von der Vergabestelle nachgefordert werden. Der Auftraggeber behält sich jedoch ausdrücklich vor, zusätzliche Erklärungen, Angaben und Unterlagen, welche der Auftraggeber für die Feststellung der Eignung und sonstige Angebotsprüfung für erforderlich ansieht, unter Fristsetzung nachzufordern.  

III.1.5) Angaben zu vorbehaltenen Aufträgen  

III.2) Bedingungen für den Auftrag      

III.2.1) Angaben zu einem besonderen Berufsstand   Die Erbringung der Dienstleistung ist einem besonderen Berufsstand vorbehalten
Verweis auf die einschlägige Rechts- oder Verwaltungsvorschrift: Beratender Ingenieur oder Ingenieur gemäß § 75 Abs. 2 VgV. Ist im jeweiligen Heimatland die Berufsbezeichnung gesetzlich nicht geregelt, so erfüllt die fachlichen Anforderungen als Ingenieur, wer über ein Diplom, Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis verfügt, dessen Anerkennung nach der Richtlinie 2005/36/EG gewährleistet ist. Bei Bietergemeinschaften jedes Mitglied benennen!  

III.2.2) Bedingungen für die Ausführung des Auftrags:   Nachweis einer Haftpflichtversicherung: Die jährlichen Deckungssummen für diese Versicherungen müssen mindestens 3.000.000,- € je Schadensfall für Personenschäden sowie mindestens 2.000.000,- € für Sach- und Vermögensschäden betragen. Die Gesamtleistung für alle Versicherungsfälle eines Versicherungsjahres beträgt mindestens das Zweifache der Deckungssumme.  

III.2.3) Für die Ausführung des Auftrags verantwortliches Personal   Verpflichtung zur Angabe der Namen und beruflichen Qualifikationen der Personen, die für die Ausführung des Auftrags verantwortlich sind  

Abschnitt IV: Verfahren

IV.1) Beschreibung      

IV.1.1) Verfahrensart   Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb  

IV.1.3) Angaben zur Rahmenvereinbarung oder zum dynamischen Beschaffungssystem  

IV.1.4) Angaben zur Verringerung der Zahl der Wirtschaftsteilnehmer oder Lösungen im Laufe der Verhandlung bzw. des Dialogs      

IV.1.5) Angaben zur Verhandlung   Der öffentliche Auftraggeber behält sich das Recht vor, den Auftrag auf der Grundlage der ursprünglichen Angebote zu vergeben, ohne Verhandlungen durchzuführen  

IV.1.6) Angaben zur elektronischen Auktion      

IV.1.8) Angaben zum Beschaffungsübereinkommen (GPA)   Der Auftrag fällt unter das Beschaffungsübereinkommen: Ja  

IV.2) Verwaltungsangaben      

IV.2.1) Frühere Bekanntmachung zu diesem Verfahren      

IV.2.2) Schlusstermin für den Eingang der Angebote oder Teilnahmeanträge   Tag und Ortszeit:

IV.2.3) Voraussichtlicher Tag der Absendung der Aufforderungen zur Angebotsabgabe bzw. zur Teilnahme an ausgewählte Bewerber  

IV.2.4) Sprache(n), in der (denen) Angebote oder Teilnahmeanträge eingereicht werden können     

IV.2.6) Bindefrist des Angebots   Das Angebot muss gültig bleiben bis:

Abschnitt VI: Weitere Angaben

VI.1) Angaben zur Wiederkehr des Auftrags   Dies ist ein wiederkehrender Auftrag: Nein

VI.2) Angaben zu elektronischen Arbeitsabläufen  

VI.3) Zusätzliche Angaben:  

VI.4) Rechtsbehelfsverfahren/Nachprüfungsverfahren      

VI.4.1) Zuständige Stelle für Rechtsbehelfs-/Nachprüfungsverfahren  

VI.4.2) Zuständige Stelle für Schlichtungsverfahren    

VI.4.3) Einlegung von Rechtsbehelfen      

VI.4.4) Stelle, die Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erteilt   

VI.5) Tag der Absendung dieser Bekanntmachung:

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VergMan ® – Qualifizierte Projektsteuerungsleistungen für Ihr kommunales Neubau-/ Sanierungsprojekt

 

VORSCHLAG für eine Vergabe

Bekanntmachung

1) Zur Angebotsabgabe auffordernde Stelle: Offizielle Bezeichnung:
Den Zuschlag erteilende Stelle: s.o.
Stelle, bei der die Angebote oder Teilnahmeanträge einzureichen sind: s.o.
2) Verfahrensart: Öffentliche Ausschreibung, Vergabenummer:
3) Form, in der Teilnahmeanträge oder Angebote einzureichen sind: Angebote können nur elektronisch abgegeben werden.
4) Ggf. in den Fällen des § 29 (3) die Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit und die Informationen zum Zugriff auf die Vergabeunterlagen: nicht angegeben
5) Art und Umfang der Leistung: Projektsteuerungsleistung für Ort(e) der Leistungserbringung: Offizielle Bezeichnung:
6) Ggf. Anzahl, Größe und Art der einzelnen Lose: entfällt, da keine losweise Vergabe
7) Nebenangebote sind nicht zugelassen.
8) Etwaige Bestimmungen über die Ausführungsfrist:
9) Die Vergabeunterlagen werden auf der Vergabeplattform evergabe.de bereitgestellt. Ein unentgeltlicher Abruf ohne Registrierung ist möglich unter
10) Angebotsfrist: Bindefrist:
11) Höhe etwa geforderter Sicherheitsleistungen: nicht angegeben
12) Wesentliche Zahlungsbedingungen oder Angabe der Unterlagen, in denen sie enthalten sind: siehe Zusätzliche Vertragsbedingungen (ZVB)
13) Mit dem Angebot oder dem Teilnahmeantrag vorzulegenden Unterlagen, die der Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers oder Bieters und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen verlangt: siehe Vergabeunterlagen
14) Angabe der Zuschlagskriterien, sofern diese nicht in den Vergabeunterlagen genannt werden: entfällt, siehe Vergabeunterlagen

Anlage 1: Leistungsbeschreibung

A. Beschreibung des Vorhabens

Die … (Auftraggeberin) beabsichtigt die … und möchte mit dem vorliegenden Vergabeverfahren die Projektsteuerung für dieses Vorhaben vergeben.

1. Kurzbeschreibung des Projekts

2. Anlass und allgemeine Ziele des Projekts

3. Standort und städtebauliche Einbindung

4. Neubau/ Sanierungsbedarf

5. Aktueller Projektstatus und Finanzierung

B. Zu erbringende Projektsteuerungsleistungen

1. Allgemeiner Leistungsgegenstand
Gegenstand des Auftrags sind Projektsteuerungsleistungen für das in Teil A dieser Leistungsbeschreibung erläuterte Vorhaben entsprechend dem „Leistungsbild Projektsteuerung“, wie es in Kapitel 2 § 2 des von der AHO-Fachkommission „Projektsteuerung/ Projektmanagement“ erarbeiteten Buches „Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft“ (AHO-Schriftenreihe Nr. 9; 5. Auflage März 2020) – im Folgenden „AHO-Heft Nr. 9“ genannt – beschrieben ist. Der genaue Umfang der Projektsteuerungsleistungen ist in der Anlage 4 beschrieben.

2. Besondere Vorgaben zu einzelnen Grundleistungen

a. Projekthandbuch
Der Auftragnehmer hat die projektspezifischen Organisationsvorgaben samt Projektstrukturplanung in Form eines Projekthandbuchs zu erstellen, das inhaltlich mit der Auftraggeberin abzustimmen ist, und auf die Beachtung der Vorgaben des Projekthandbuches durch alle Beteiligten (einschließlich der Bediensteten und Mitarbeiter der Auftraggeberin) aktiv hinzuwirken. Er hat insbesondere die Beachtung der Vorgaben des Projekthandbuches durch alle Beteiligten fortlaufend zu überwachen, betroffene Projektbeteiligte bei erkennbarer Nichtbeachtung dieser Vorgaben direkt anzusprechen und namens der Auftraggeberin konkret zur Abstellung der Verstöße gegen diese Vorgaben aufzufordern.

b. Projektkommunikationssystem
Die Auftraggeberin setzt bislang kein eigenes Projektkommunikationssystem ein. Der Auftragnehmer hat die Auftraggeberin zum Einsatz eines internetbasierten Projektkommunikationssystems umfassend zu Vor- und Nachteilen verschiedener Systeme zu beraten. Die Vorstellung nur eines Systems ist nicht ausreichend. Die Letztentscheidung über das auszuwählende Projektkommunikationssystem verbleibt allein bei der Auftraggeberin.

c. Mitwirken bei der Auswahl der zu Beteiligenden, bei Verhandlungen und Vorbereitungen der Beauftragungen
Die Auftraggeberin führt für die Beauftragung der allgemeinen Planungsleistungen sowie der Fachplanungsleistungen eigenständig und in Abstimmung mit dem AG Vergabeverfahren durch. Der Auftragnehmer hat eventuelle Verhandlungsgesprächen im Vergabeverfahren gemeinsam mit der Auftraggeberin zu führen und diese bei den ihr obliegenden fachlichen Bewertungen von Angebotsinhalten, bei denen der Auftraggeberin ein Beurteilungsspielraum zukommt (insb. Projektkonzepte) fachlich im Rahmen einer Wertungsbesprechung zu jedem Verfahren mündlich zu beraten. Zum Leistungsumfang des Auftragnehmers zählt folglich die Bauherrenvertretung bei der Ausschreibung und Beauftragung von Planungs-, Beratungs- und Gutachtenleistungen Hierbei sind insbesondere die für das Vorhaben geltenden Förderbedingungen zu berücksichtigen.

d. Besondere Leistungen

C. Kostenrahmen

Die Auftraggeberin hat für das in Teil A beschriebene Vorhaben einen Kostenrahmen von … EUR (netto ohne MwSt.) vorgesehen und Fördermittel zugewendet bekommen. Dieser Kostenrahmen umfasst die Kostengruppen 200 bis 700 gemäß DIN 276 umfasst und ist auf dem Kostenstand … ermittelt wurde. Die Umsetzung des in Teil A beschriebenen Vorhabens in diesem – entsprechend der allgemeinen Baukostenentwicklung fortzuschreibenden – Kostenrahmen wird als Projektziel vereinbart, ohne dass hiermit die Vereinbarung einer Kostenobergrenze verbunden ist.

D. Zeitliche Vorgaben

Der Auftragnehmer hat mit seinen Leistungen im Rahmen der Projektstufe 1 (Projektvorbereitung) unverzüglich nach Auftragserteilung zu beginnen und diese zügig zu erbringen. Die Gesamtmaßnahme muss nach den Auflagen des in Teil A Abschnitt 5 genannten Förderung bis … fertiggestellt und schlussgerechnet sind.

Anlage 2: Rahmenterminplan

Anlage 3: Preisblatt

Eignungs- und Zuschlagskriterien

Eignungskriterien:

Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung

– Nachweis über die Eintragung in ein Berufs- oder Handelsregister Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

– Die Bieter haben für die letzten drei abgeschlossenen Jahre den jeweiligen Jahresumsatz im Tätigkeitsbereich des Auftrages (Projektsteuerungsleistung) anzugeben. Dieser muss im Durchschnitt der drei abgeschlossenen Jahre mindestens 250.000 € pro Jahr betragen haben.

– Ein aktueller Nachweis einer Haftpflichtversicherung mit einer Mindestdeckungssumme von:
o Personenschäden: je Schadensfall 3,0 Mio. €
o Sachschäden/Vermögensschäden: je Schadensfall 3,0 Mio €

Je mit zweifacher Maximierung pro Jahr ist dem Angebot beizufügen.

Im Falle einer geringeren Deckungssumme der Berufshaftpflicht sind Erklärungen einer Versicherungsgesellschaft abzugeben, dass im Ausnahmefalle diese nach geforderter Summe erhöht oder abgeschlossen wird. Eine Bestätigung eines Versicherungsmaklers wird nicht anerkannt.

Technische und berufliche Leistungsfähigkeit

Referenzen

– Die Bieter haben zum Nachweis der beruflichen Leistungsfähigkeit eine Referenzliste vorzulegen. Gegenstand der Referenzen sind Leistungen der Projektsteuerung für Planungs- und Bauleistungen im Bereich …. Folgende Mindestanforderungen sind zu machen:
o Gegenstand der Referenz / Bezeichnung des Bauvorhabens
o Auftraggeber
o Zeitpunkt der Fertigstellung
o Summer der Netto-Bausumme
o Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angabe der beauftragten Projektstufen gemäß AHO Nr. 9 Erklärung, aus der die durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl des Unternehmens und die Zahl seiner Führungskräfte in den letzten drei Jahren ersichtlich ist

– Der Auftraggeber fordert mindestens 1 Führungskräfte und 2 Beschäftigte zur Ausführung der Leistungen.

Zuschlagskriterien:

Fachtechnische Lösungsansätze

Als Qualitätssicherungsmerkmal soll aufgezeigt werden, wie der Auftragnehmer eine lückenlose Koordination mit den Planern des Projekts und den bauausführenden Unternehmern sicherstellen will. Der Auftragnehmer soll hierbei insbesondere als Bindeglied zwischen Auftraggeber und den sonstigen Projektbeteiligten fungieren. Dabei soll auch der geplante Weg der Kommunikation mit dem Auftraggeber und den sonstigen Projektbeteiligten erkennbar werden. Letztlich wird erwartet, dass der Bieter darstellt, wie Kosten und Termine eingehalten werden sollen und inwieweit Kostenoptimierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

Die Wertung erfolgt nach folgendem Schlüssel:

Qualifikation und Erfahrung des auftragsausführenden Personals Punktebewertung nach Ausbildung, Berufserfahrung und Referenzprojekte des auftragsausführenden Personals. Die Bieter haben eine Liste der Qualifikation und Erfahrung des auftragsausführenden Personals vorzulegen, in dem folgende Mindestanforderungen zu machen sind:
• Ausbildungsgrad
• Berufserfahrung in Jahren
• Referenzprojekte mit den Inhalten:
• …
• Netto-Bausumme
• Kurzbeschreibung der Maßnahme und Angabe der beauftragten Projektstufen gemäß AHO Heft 9
• Projektdauer

Honorar
Die eingereichten Preisangebote werden jeweils ins Verhältnis zum Bestbieter gesetzt. Bieter werden aufgefordert, dem Angebot eine Aufstellung beizulegen, die das Preisangebot den einzelnen Projektstufen zuteilt. Die Abgabe des Honorarangebots hat mit dem bereitgestellten Preisblatt zu erfolgen.

Bewertung der Zuschlagskriterien
Die Bewertung der Zuschlagskriterien erfolgt durch die Vergabe von 0 bis 100 Punkten. Durch die Multiplikation der vergebenen Punkte mit der je Kriterium angegebenen Gewichtungszahl ergibt das Wertungsergebnis je Kriterium. Der Zuschlag wird auf das Angebot mit dem höchsten Gesamtergebnis und somit mit dem besten Preis-Leistungsverhältnisses erteilt. (Bewertungsmatrix)

Projektsteuerungsvertrag

zwischen

– nachstehend als „AG“ bezeichnet –

sowie

– nachstehend als „AN“ bezeichnet –

– AN und AG gemeinsam nachstehend als „Vertragsparteien“ bezeichnet –

Anlagenverzeichnis
Anlage 1 Leistungsbeschreibung
Anlage 2 Rahmenterminplan
Anlage 3 Preisblatt
Anlage 4 Umfang der Projektsteuerungsleistung

1. Gegenstand des Vertrages
1.1 …
1.2 Mit diesem Vertrag beauftragt der AG den AN mit den in der Leistungsbeschreibung näher definierten Projektsteuerungsleistungen gemäß § 2 AHO-Heft Nr. 9 für die unter Ziffer 1.1. beschriebenen Maßnahme (nachfolgend auch „Projekt“ genannt). ²Das Projekt ist schlüsselfertig (d.h. uneingeschränkt bezugsfertig) herzustellen.

2. Grundlagen des Vertrages

2.1 Grundlagen des Vertragsverhältnisses sind in folgender Reihen- und Rangfolge:

2.1.1 Die Bestimmungen dieses Projektsteuerungsvertrages,

2.1.2 die Vertragsunterlagen,

2.1.3 die Leistungsbeschreibung (Anlage 1),

2.1.4 das Preisblatt (Anlage 3),

2.1.5 die Bestimmungen des BGB.

2.2 Bei Widersprüchen zwischen den oben aufgeführten Vertragsgrundlagen bestimmt sich das Rangverhältnis nach der Reihenfolge der Aufzählung in Ziff. 
2.1. Bei Widersprüchen zwischen gleichrangigen Vertragsgrundlagen oder innerhalb einer Vertragsgrundlage ist im Zweifel die spezieller beschriebene Ausführung maßgebend.

Sollte sich dadurch der Widerspruch nicht lösen lassen, gilt das jeweils Neuere vor dem Älteren. 4Ein Widerspruch im vorgenannten Sinne liegt nur vor, wenn in mehreren Vertragsbestandteilen unterschiedliche Informationen enthalten sind; ein Widerspruch liegt dagegen nicht vor, wenn nur ein Vertragsbestandteil eine entsprechende Information zu einem Aspekt enthält oder eine nachrangige Vertragsgrundlage eine vorherige ergänzt oder konkretisiert.

3. Leistungsumfang

3.1 Der AN erbringt im Rahmen seiner Beauftragung und auf Basis der Vertragsgrundlagen gem. Ziff. 2 alle Projektsteuerungsleistungen, die zur Durchführung des Projekts erforderlich sind. ²Dies gilt auch für solche Leistungen, die in § 2 AHO-Heft Nr. 9 nicht ausdrücklich erwähnt sind.

3.2 Der Umfang der vertraglichen Leistungen ergibt sich im Einzelnen aus der Leistungsbeschreibung (Anlage 1). ²Der AN legt seinen Leistungen die bereits
erstellten Planungsunterlagen zugrunde, die Bestandteil der Leistungsbeschreibung sind.

3.3 Die Leistungen der Projektsteuerung teilen sich in Projektstufen und Handlungsbereiche auf.

Die Projektstufen gliedern sich in

o Projektstufe 1: Projektvorbereitung,
o Projektstufe 2: Planung,
o Projektstufe 3: Ausführungsvorbereitung,
o Projektstufe 4: Ausführung,
o Projektstufe 5: Projektabschluss.

Die Handlungsbereiche gliedern sich in

o Organisation, Information, Koordination und Dokumentation,
o Qualitäten und Quantitäten,
o Kosten und Finanzierung,
o Termine,
o Kapazitäten,
o Logistik,
o Verträge und Versicherungen.

Jede Projektstufe umfasst in der Regel Leistungen aus allen fünf Handlungsbereichen. Die in den einzelnen Projektstufen für die jeweiligen Handlungsbereiche zu erbringenden Leistungen sind in der Anlage 4 aufgeführt.

4. Allgemeine Pflichten des AN

4.1 Der AN verpflichtet sich, die ihm von dem AG übertragenen Leistungen mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit zu erbringen, soweit sich aus der Leistungsbeschreibung (Anlage 1) nicht ein höherer Standard ergibt.

4.2 Der AN hat den AG im Rahmen der vereinbarten Leistungen über alle bei der Durchführung seiner Aufgaben wesentlichen Umstände, insbesondere über Qualitäts-, Termin- oder Kostenabweichungen unaufgefordert zu unterrichten und dem AG Lösungsvorschläge für solche Abweichungen zu unterbreiten. Der AN gibt dem AG in regelmäßigen Abständen Zwischenberichte über den Stand der Ausführung. Der AN hat den AG auch auf mögliche Einsparungen hinzuweisen. 4Der AN hat das Ergebnis von Besprechungen mit dem AG, mit anderen Projektbeteiligten und mit Behörden schriftlich niederzulegen und dem AG innerhalb angemessener Zeit (in der Regel eine Woche) zuzuleiten. Der AN hat dem AG jederzeit (auch nach Beendigung dieses Vertrages) Auskunft zu erteilen und Einsichtnahme in projektbezogene Unterlagen zu gewähren.

4.3 Soweit der AN Unterlagen bzw. Vorgaben und Entscheidungen für die Ausführung seiner Leistungen benötigt, hat er diese rechtzeitig beim AG unter Terminangabe anzufordern. Der AN hat dem AG dazu ausreichende, bewertete Entscheidungsalternativen mit begründeten Empfehlungen für seine Entscheidungen vorzulegen und den AG bei der Entscheidungsfindung zu beraten. Bedenken gegen Entscheidungen des AG hat der AN dem AG unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

4.4 Der AN benennt einen verantwortlichen Ansprechpartner, der in der Lage ist, im Rahmen der Vertragserfüllung jederzeit verbindliche Erklärungen abzugeben.

4.5 Der AN darf keine Verträge für den AG abschließen, aufheben oder ändern, keine finanziellen Verpflichtungen für den AG eingehen oder kostenerhöhende Maßnahmen anordnen, es sei denn, dass Gefahr im Verzuge und das Einverständnis des AG nicht rechtzeitig zu erlangen ist.

4.6 Der AN hat die von ihm zur Erfüllung dieses Vertrages erstellten Unterlagen und Dateien sowie die ihm von dem AG oder von Dritten in Zusammenhang mit dem Projekt übergebenen Unterlagen und Dateien dem AG auf dessen Verlangen oder – nach Beendigung seiner Leistungen – unaufgefordert herauszugeben. Dem AN steht ein Zurückbehaltungsrecht an diesen Unterlagen nicht zu, es sei denn wegen rechtskräftig festgestellter oder unbestrittener Ansprüche. ³Das gilt auch für den Fall der vorzeitigen Beendigung dieses Vertrages.

5. Änderungen der Leistung

5.1 Der AG kann verlangen, dass der AN über den ursprünglichen Leistungsumfang hinaus zusätzliche Leistungen sowie Änderungen und Erweiterungen des jeweiligen vertraglichen Leistungsumfangs erbringt.

5.2 Macht der AG von seinem Recht Gebrauch, Änderungen, insbesondere Erweiterungen des Leistungsumfangs zu verlangen, gilt Folgendes:

5.2.1 Über die von dem AG verlangten Leistungsänderungen sollen möglichst umgehend schriftliche Nachtragsverträge geschlossen werden. Diese Nachtragsverträge sollen eine Vereinbarung über die Auswirkungen der Leistungsänderungen auf die Vergütung enthalten.

5.2.2 1Erhöht sich in Folge der Änderungen der Aufwand des AN (nach Berücksichtigung des etwa in Folge der Änderungen entfallenden Aufwands), hat der AN Anspruch auf eine zusätzliche vertragliche Vergütung. Ist der AN der Meinung, einen solchen Anspruch zu haben, hat er dies dem AG unverzüglich und vor Beginn der Ausführung der geänderten Leistungen anzuzeigen und seinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung anzukündigen. Unterlässt der AN diese Ankündigung, hat er keinen vertraglichen Anspruch auf zusätzliche Vergütung, es sei denn, dass der AG die Erhöhung des Aufwandes erkannte oder hätte erkennen müssen oder der AN das Unterlassen der Ankündigung nicht zu vertreten hat. Etwa bestehende gesetzliche Ansprüche des AN bleiben unberührt.

5.2.3 Sofern ein Nachtragsvertrag mit Vergütungsvereinbarung gemäß Ziffer 5.2.1 nicht zustande kommt und sich die Vertragsparteien über die Höhe der zusätzlichen Vergütung für die geänderte Leistung vor deren Ausführung nicht einig werden, ist der AN dennoch zur Ausführung der geänderten Leistung verpflichtet. Die Höhe der zusätzlichen Vergütung ist dann im Nachhinein zu ermitteln. ³Durch die zusätzliche Vergütung soll sich die ursprüngliche Vergütung in demselben Umfang verändern, wie sich der ursprüngliche Leistungsumfang gegenüber dem in Folge der Änderung eingetretenen Leistungsumfang verändert hat.

5.3 Hält der AN Anordnungen des AG für falsch oder unzweckmäßig, hat er den AG hierauf unverzüglich hinzuweisen.

5.4 1Der AN ist verpflichtet, auf schriftliche Anforderung des AG seine Leistung auch dann sach- und fachgerecht zu erbringen, wenn eine Einigung über die Höhe der geänderten Vergütung noch nicht erfolgt ist. ²Ein Zurückbehaltungsrecht an der geforderten weiteren Leistung steht dem AN nur zu, wenn der AG sich abschließend weigert, berechtigte zusätzliche Vergütungsansprüche dem Grunde nach anzuerkennen.

6. Mitarbeiter und Unterauftragnehmer des AN

6.1 Der AN wird für die Leistungserbringung nur solche Mitarbeiter einsetzen, die über einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen zur Erfüllung des Vertrags verfügen und dies auf Anfrage nachweisen.

6.2 Der AN wird die Leistungen nur nach detaillierter Benennung und vorheriger schriftlicher Zustimmung des AG freien Mitarbeitern oder sonstigen Dritten (z. B. Unterauftragnehmern) übertragen.

6.3 Der AN hat Verträge mit Subplanern in der Weise zu gestalten, dass sie insbesondere im Hinblick auf die Vorgaben in Ziff. 6.2 sowie hinsichtlich Qualität, Termin- und Kostensicherheit und Ansprüchen wegen mangelhafter Planung und Verkehrssicherungspflicht den zwischen dem AG und dem AN geregelten Pflichten entsprechen. Der AN hat in den Verträgen mit dem von ihm eingesetzten Subplanern weiterhin zu vereinbaren, dass eine weitere Untervergabe nur nach Einwilligung des AG zulässig ist.

6.4 Der AG ist berechtigt, den Austausch einzelner Mitarbeiter des AN oder eines Unterauftragnehmers zu verlangen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass diese Pflichten aus diesem Vertrag verletzen oder wenn Zweifel an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung bestehen. Der AN wird diesem Verlangen unverzüglich nachkommen. Sämtliche durch einen Austausch bedingten Kosten trägt der AN. 

7. Termine

7.1 Es sind folgende voraussichtlichen Termine vorgesehen:

7.1.1

7.1.2 Baubeginn: …

7.1.3 Abschluss der fünften Projektstufe: …

7.2 1Der AN hat seine Leistungen so zu erbringen und die anderen Projektbeteiligten so zu steuern, dass der in Ziffer 7.1 genannte Termin eingehalten werden kann. Die Vertragsparteien werden binnen zwei Wochen nach Vertragsbeginn gemeinsam einen Rahmenterminplan (vgl. Anlage 2) erstellen; dieser ist vom AN den Projektbeteiligten zu übergeben.

7.3 Wird erkennbar, dass die in Ziff. 7.1 genannte Termine nicht eingehalten werden können, hat der AN den AG über die voraussichtlichen Verzögerungen schriftlich zu unterrichten und in Zusammenarbeit mit den anderen Projektbeteiligten Vorschläge zu unterbreiten, wie Verzögerungen vermieden oder ausgeglichen werden können. Äußert sich der AN nicht, kann sich der AG darauf verlassen, dass der jeweilige Terminplan in seiner Durchführung nicht gefährdet ist, sofern nicht die Abweichung für den AG offenkundig ist.

7.4 Die Leistungen des AN nach diesem Vertrag beginnen am … und enden mit vollständiger Erbringung der übertragenen Leistungen, spätestens am …. Die
Vertragsparteien gehen von folgenden unverbindlichen Leistungszeiträumen aus:

– Für die Leistungen bis zum Abschluss der fünften Projektstufe (insbesondere Projektabschluss, Leistungen der Kostenfeststellung und Mängelbeseitigung): voraussichtlich … Monate Der AN beleibt auch nach Ablauf der vorgenannten Zeiten zur Erbringung der ihm übertragenen Leistungen verpflichtet.

8. Abnahme

8.1 Der AN teilt dem AG die Fertigstellung seiner vertraglichen Leistung schriftlich mit.

8.2 Der AG hat die Leistungen des AN im Wege einer Teilabnahme abzunehmen, sobald die 4. Projektstufe (Ausführung) vollständig vertragsgemäß erbracht, insbesondere das Projekt schlüsselfertig übergeben wurde. Die Leistungen der 5. Projektstufe (Projektabschluss) nimmt der AG nach deren vollständiger vertragsgemäßer Erbringung ab.

8.3 Die Abnahme wird von dem AG ausschließlich schriftlich erklärt; die Abnahme durch konkludentes Handeln, z.B. durch rügeloses Bezahlen der Schlussrechnung, ist ausgeschlossen.

9. Honorar

9.1 Das Honorar für die Leistungen nach diesem Vertrag beträgt XXXX Euro zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer. Die Aufteilung der Vergütung auf die einzelnen Projektstufe und Handlungsbereiche ergibt sich aus dem Preisblatt (Anlage 3). 9.2 Nebenkosten werden nicht gesondert vereinbart und sind mit dem Pauschalhonorar gem. Ziffer 10.1. abgegolten.

10. Zahlungen und Rechnungstellung

10.1 Die Rechnungen sind auf der Grundlage der vereinbarten Honorarparameter schlüssig und nachprüfbar darzustellen. Der Auftragnehmer hat jeden Abschluss einer Projektstufe in der jeweils darauffolgenden Rechnung anzuzeigen. Der AN hat die Rechnungen in doppelter Ausfertigung (nachfolgend „prüffähige Rechnung“ genannt) einzureichen. Abschlagsrechnungen müssen fortlaufend nummeriert sein und die von dem AG bisher geleisteten Abschlagszahlungen gesondert ausweisen. Die Umsatzsteuer ist in der Rechnung gesondert auszuweisen.

10.2 Der Auftraggeber wird die Rechnungen des Auftragnehmers innerhalb einer Frist von 30 Kalendertagen nach Rechnungseingang beim Auftraggeber zahlen, wenn diese prüffähig und ordnungsgemäß ausgestellt sind und soweit sie dem ausgewiesenen Leistungsstand entsprechen

11. Obliegenheiten und allgemeine Pflichten des Auftraggebers

11.1 Der AG fördert die Projektrealisierung nach besten Kräften. Es gehört insbesondere zu seinen Obliegenheiten, anstehende Entscheidungen innerhalb der für eine ordnungsgemäße Projektrealisierung angemessenen Frist zu treffen, die für die Planung und Ausführung des Projekts benötigten Dritten zu beauftragen sowie das Baugrundstück und die Finanzierung für die Projektrealisierung zur Verfügung zu stellen.

11.2 Der AG ist verpflichtet, den AN über die ihm bekannten, das Grundstück betreffenden Rechtsverhältnisse zu unterrichten und entsprechende Unterlagen (z. B. Grundbuchauszüge, Dienstbarkeitsbestellungen, Mietverträge etc.) zu übergeben.

11.3 Der AG wird Weisungen an andere Projektbeteiligte nur in Abstimmung mit dem AN erteilen, es sei denn, dass Gefahr im Verzuge und die Abstimmung mit dem AN nicht rechtzeitig durchzuführen ist.

12. Versicherung

12.1 Der AN wird eine Haftpflichtversicherung mit einer Mindestdeckung von EUR 3 Mio. für Personen- und EUR 3 Mio. für sonstige Schäden pro Schadensereignis abschließen und bis zum Ablauf seiner Gewährleistungsfrist vorhalten. Die Beträge müssen in jedem Versicherungsjahr zweifach zur Verfügung stehen.

12.2 Der Bestand der Versicherung ist dem AG auf Verlangen nachzuweisen. Vor diesem Nachweis hat der AN keinen Anspruch auf Vergütung aus diesem Vertrag. Weist der AN den Versicherungsschutz nicht innerhalb von zwei Wochen nach schriftlicher Aufforderung durch den AG nach, ist der AG zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt.

13. Mängelansprüche und Verjährung

13.1 Die Mängelansprüche des AG richten sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

13.2 1Die Mängelansprüche verjähren nach Ablauf von fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme der vertraglichen Leistungen gem. Ziffer 8.

14. Beendigung des Vertrages

14.1 Die Kündigung des Vertrages richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

14.2 Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der AN seine Arbeiten abzuschließen und seine Leistungsergebnisse in einer Art zu ordnen, die eine Übernahme und Fortführung des Vorhabens durch einen Dritten ohne unangemessene Schwierigkeiten möglich macht.

14.3 Die Vertragsparteien sind verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Werktagen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses den vom AN erreichten Leistungsstand festzustellen und zu dokumentieren.

15. Urheber-, Verwertungs- und Nutzungsrechte des AG

15.1 Sollten dem AN Urheberrechte an seinen Leistungen zustehen, bleibt dessen Urheberpersönlichkeitsrecht unberührt.

15.2 Der AN garantiert dem AG, dass seine nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen frei von Rechten Dritter sind und stellt den AG von möglichen Ansprüchen Dritter wegen Verletzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten oder sonstigen Rechten frei.

15.3 Der AN überträgt dem AG bzw. dessen Rechtsnachfolger das ausschließliche Recht, die für das Projekt erstellten Unterlagen (verkörpert und in elektronischer Form) und Pläne sowie das Werk selbst uneingeschränkt und ohne Mitwirkung des AN zu nutzen; dies gilt auch für die Umsetzung von Entwürfen und die Fortführung des Vorhabens bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung. Der AN überträgt dem AG weiterhin das Recht, die von ihm für das Vorhaben erstellten Pläne und das/die auf der Grundlage der Planung realisierte/n Werk/e selbst zu ergänzen und verändern.

15.4 Zur Übertragung von Leistungen für das Bauvorhaben an freie Mitarbeiter oder sonstige Dritte ist der AN nur berechtigt, soweit er dem AG alle in Ziffer

15.3 bezeichneten Verwertungs- und Nutzungsrechte an diesen Leistungen verschafft.

15.5 Mit dem vereinbarten Honorar sind sämtliche Ansprüche des AN im Zusammenhang mit der Übertragung der Verwertungs-, Nutzungs- und Änderungsrechte an für das Vorhaben erstellten Unterlagen und erbrachten Leistungen abgegolten.

16. Geheimhaltung

16.1 Der AN wird die im Rahmen dieses Vertrages vom AG erlangten Kenntnisse, Unterlagen, Aufgabenstellungen, Geschäftsvorgänge, Betriebseinrichtungen oder sonstigen Tatsachen (nachfolgend „Vertrauliche Informationen“ genannt) nur für die Zwecke dieses Vertrages benutzen und gegenüber Dritten – auch über die Dauer dieses Vertrages hinaus – vertraulich behandeln und zur Geheimhaltung die gleiche Sorgfalt wie hinsichtlich eigener Informationen von ähnlicher Bedeutung anwenden, mindestens jedoch ein angemessenes Maß an Sorgfalt und sie keinem Dritten zugänglich machen.
Diese Verpflichtung bleibt auch nach Vertragsende bestehen. Diese Verpflichtung gilt nicht für vertrauliche Informationen, die allgemein bekannt sind oder werden, die unabhängig entwickelt oder rechtmäßig von einem Dritten mitgeteilt bzw. überlassen wurden oder die aufgrund einer bindenden behördlichen oder richterlichen Anordnung oder zwingender rechtlicher Vorschriften zu offenbaren sind.

16.2 Der AN wird aus der Kenntnis der ihm vom AG zufließenden vertraulichen Informationen insbesondere im Hinblick auf Schutzrechtsanmeldungen keinerlei Rechte, insbesondere keine Vorbenutzungsrechte herleiten.

16.3 Der AN wird dem AG bei Beendigung dieses Vertrages alle Unterlagen (Dokumente und DV-Daten), die der AN in diesem Zusammenhang erhalten hat, und die ggf. angefertigten Vervielfältigungen – sofern gesetzlich zulässig – übergeben. Der AN bestätigt ausdrücklich, dass alle bei ihm in diesem Zusammenhang erstellten und gespeicherten Daten gelöscht werden. Jegliches Zurückbehaltungsrecht des AN ist ausgeschlossen.

17. Mediation

17.1 Die Vertragsparteien verpflichten sich, für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Mediation durchzuführen. Von dieser Verpflichtung kann einvernehmlich abgewichen werden.

17.2 Während der Dauer des Mediationsverfahrens können staatliche Gerichte nicht angerufen werden. Ausgenommen hiervon sind Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes, soweit die dafür erforderliche Eilbedürftigkeit vorliegt. Sollte im Rahmen des Mediationsverfahrens keine Einigung erzielt werden können, so kann jede Partei nach Beendigung des Mediationsverfahrens Klage vor einem ordentlichen Gericht erheben.

17.3 Der Mediator ist einvernehmlich von beiden Vertragsparteien innerhalb von drei Wochen, nachdem eine Vertragspartei mit dem schriftlichen Ersuchen auf Durchführung der Mediation an die andere Vertragspartei herangetreten ist (Mediationsantrag), zu bestimmen. ²Sollten sich die Vertragsparteien innerhalb dieser Frist nicht auf einen Mediator geeinigt haben, werden die Parteien an die zuständige Industrie- und Handelskammer herantreten, um einen geeigneten Mediator zu bestimmen.

17.4 Die Präsenzmediation findet in den Räumlichkeiten des Mediators statt. Die Parteien können im jeweiligen Einzelfall hiervon einvernehmlich abweichend die Durchführung eines elektronischen Mediationsverfahrens [sog. E-Mediation] vereinbaren.

17.5 Das Verfahren gilt als beendet, wenn nicht innerhalb von acht Wochen ab dem Mediationsantrag zwischen dem Mediator und den Vertragsparteien ein verbindlicher erster Mediationsverhandlungstermin vereinbart worden ist oder nach Durchführung eines Mediationsverhandlungstermins eine der Vertragsparteien schriftlich erklärt, das Verfahren nicht fortführen zu wollen.

17.6 Die Vertragsparteien verpflichten sich, am Mediationsverfahren durch mindestens einen Geschäftsführers oder Prokuristen ihres Unternehmens persönlich teilzunehmen.

17.7 Die Aufgabe des Mediators beschränkt sich auf die Leitung und Durchführung des Mediationsverfahrens. Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet.

17.8 Die Vertragsparteien verpflichten sich, sämtliche im Rahmen eines Mediationsverfahrens von der anderen Vertragspartei offenbarte Informationen
vertraulich zu behandeln. Derartige Informationen dürfen in einem etwaigen späteren Rechtsstreit vor einem Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder einem Schiedsgericht ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei nicht eingeführt werden.

17.9 Die Kosten der Mediation tragen die Vertragsparteien je hälftig, sofern im Rahmen des Mediationsverfahrens keine abweichende Vereinbarung getroffen wird.

18. Anwendbares Recht, ausschließlicher Gerichtsstand, Schriftform, Sonstiges

18.1 Dieser Vertrag unterliegt deutschem Recht unter Ausschluss der Regelungen des Internationalen Privatrechts.

18.2 1Änderungen, Ergänzungen und Nebenabreden müssen schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für die Aufhebung dieses Schriftformgebotes.

18.3 Ausschließlicher Gerichtsstand für Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist ….

Ort, Datum, Unterschrift
Ort, Datum, Unterschrift AN

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